Zur Widerklage:
Die Widerklage charakterisiert sich dadurch, daß der Beklagte sich durch eine Klage gegen den Kläger (sog. Widerklage) verteidigt. Sie ist insofern von der Aufrechnung und dem Zurückbehaltungsrecht abzugrenzen. Anders als beim Aufbau des Tatbestandes gibt es beim Aufbau des Gutachtens keine unterschiedlichen Aufbaumöglichkeiten. Vielmehr ist beim Gutachtensaufbau immer der Besonderheit Rechnung zu tragen, daß die Widerklage ein selbständiges Angriffsmittel ist. Es sind somit faktisch zwei Gutachten hintereinander zu schalten.
Zu beachten ist bei der Widerklage der Streit um die Einordnung des § 33 ZPO. Dieser hat bei den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Widerklage Bedeutung. Je nach dem welcher Ansicht man sich anschließt, ist § 33 ZPO bei den allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen als zusätzlicher Gerichtsstand oder als besondere Sachurteilsvoraussetzungen zu prüfen.
Zusätzliche Punkte kommen zu den besonderen Sachurteilsvoraussetzungen auch in dem Sonderfall der Drittwiderklage hinzu.
Besonderheiten gelten auch bei der sog. petitorischen Widerklage.
Im einzelnen:
Neben der Konstellation, daß der Beklagte gegen den Kläger eine Widerklage richtet, ist es auch denkbar, daß die Widerklage gegen beziehungsweise von einem bislang nicht am Prozeß beteiligten erhoben wird.
Versucht man die Widerklage in unterschiedliche Fallgruppen zu teilen, kann man einerseits danach unterscheiden, ob der Dritte isoliert, oder zusammen mit einer bisherigen Partei handelt, andererseits danach, ob er auf Kläger oder Beklagtenseite steht.
Daraus ergeben sich folgende Fallgruppen:
Nach der Auffassung der Rechtsprechung sind die Fallgruppen, in denen der Dritte isoliert handelt (Fallgruppen 1 und 3) unzulässig, da bei solchen Konstellationen das Verfahren nicht schneller und ökonomischer gestaltet werden kann, sondern im Gegenteil unnötig kompliziert würde.
Somit verbleiben nur die Fallgruppen, bei denen der Dritte zusammen mit einer bisherigen Partei handelt (also die Fallgruppen 2 und 4). Bei diesen sind - neben den Voraussetzungen für die Widerklage - die Voraussetzungen der Streitgenossenschaft und des Parteibeitritts zu prüfen. Hieraus ergebenden sich besondere Sachurteilsvoraussetzungen der Drittwiderklage.
Von einer petitorischen Widerklage spricht man, wenn gegen einen (possessorischen) Klageanspruch aus Besitz widerklagend ein, sonst nur im Wege der Einwendung zu berücksichtigendes petitorisches Recht zum Besitz geltend gemacht wird.
Beispielsfall:
A klagt aus verbotener Eigenmacht gem. § 861 BGB gegen B auf Widereinräumung des Besitzes. B kann gem. § 863 BGB nicht einwenden, er habe (noch immer oder schon wieder) ein Recht zum Besitz.
Diese gesetzgeberische Entscheidung war erforderlich, da die Besitzschutzansprüche die ursprüngliche Besitzlage möglichst rasch wiederherstellen sollen, ohne die - oft schwierige - materiell-rechtliche Berechtigung der Beteiligten zum Besitz prüfen zu müssen.
Aus diesem Gedanken heraus wäre es konsequent gewesen, wenn man die Durchsetzung des Besitzrechtes auch im Wege der Widerklage untersagt hätte. Dies ist aber nicht geschehen. § 863 BGB verbietet seinem Wortlaut nach nicht die klageweise Durchsetzung des Besitzrechtes. Somit kann auf eine possessorische Klage eine petitorische Widerklage erhoben werden.
Problem:
Hieraus könnte eine entgegengesetzte Verurteilung folgen, die dann völlig sinnlos wäre. Der Beklagte würde - z.B. wegen verbotener Eigenmacht - zur Einräumung des Besitzes an den Kläger verurteilt, der Kläger zur Einräumung des Besitzes an den Beklagten wegen der materiell-rechtlichen Besitzlage.
Lösung:
Ein solches Ergebnis ist wegen seiner Sinnlosigkeit auf jeden Fall zu vermeiden. Dies wird durch zwei Schritte erreicht:
Normale Konstellation beim Gutachtenaufbau: |
Aufbau des Tatbestandes bei einer Widerklage: |