Ulrich Stelkens
Die politische Partei - Eine Institution des Zivilrechts?
| | Gliederung: |
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I. | | Die Entwicklung des Parteienrechts in Deutschland |
II. | | Die Entwicklung des Parteienrechts in Österreich |
III. | | Heutige Bedeutung der Entwicklungsgeschichte des Parteienrechts |
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Die neue Schweizer Bundesverfassung vom 18. April
1999 enthält in ihrem Vierten Titel “Volk und Stände”
– direkt anschließend an eine Bestimmung, welche das Stimm- und
Wahlrecht der Schweizer Bürger regelt – einen Art. 137, in dem
es heißt: “Die politischen Parteien wirken an der Meinungs- und
Willensbildung des Volkes mit.” Die Notwendigkeit dieser Regelung wurde in
beiden Kammern der Schweizer Bundesversammlung damit begründet, daß
eine Erwähnung und damit eine Anerkennung der Parteien in der Verfassung
eine Übereinstimmung von Verfassungswirklichkeit und Verfassungstext
bringe.[1] Art. 137 BV
geht auf Art. 127a des Reformpakets B des Verfassungsentwurfes des
Bundesrates von
1996[2]
zurück, welcher in einem Absatz 2 noch die Regelung enthält:
“Das Gesetz regelt die Ausübung der politischen Rechte, insbesondere
die Art der Finanzierung.” Zweck dieser Regelung soll nach der Botschaft
des Bundesrats vom 20. November
1996[3] weniger sein, eine
– bisher in der Schweiz weitgehend unbekannte – staatliche
Parteienfinanzierung zu ermöglichen, als vielmehr ein “transparentes
Funktionieren” der Parteien zu
sichern.[4] Insbesondere
sollen die Parteien verpflichtet werden, ihre Finanzquellen offenzulegen, jedoch
dürfte es auf Grundlage des Absatzes 2 auch möglich sein, Regelungen
über ihre innere Ordnung zu
erlassen.[5] Über die
Aufnahme dieses Absatzes 2 des Parteienartikels in die neue
Bundesverfassung muß noch von der Bundesversammlung entschieden werden:
Diese Vorschrift ist weiterhin im Reformpaket B enthalten, über das beide
Kammern noch nicht abschließend beraten haben und das deshalb auch noch
nicht Gegenstand der Volksabstimmung am 18. April 1999
war.[6]
In der Schweizer Bundesverfassung von 1874 war
eine mit Art. 137 der neuen Bundesverfassung vergleichbare Bestimmung nicht
enthalten:[7] Die Parteien
wurden daher als “Vereine” im Sinne des Art. 56 der alten
Bundesverfassung angesehen, nach dem “die Bürger das Recht haben,
Vereine zu bilden, sofern solche weder in ihrem Zweck noch in den dafür
bestimmten Mitteln rechtswidrig oder staatsgefährlich
sind”.[8]
Dieses Grundrecht verbot nach Ansicht des Schweizer Bundesgerichts jede
präventive Kontrolle der
Vereinsbildung[9] und damit
auch jeder Parteibildung. Ihrer Rechtsnatur nach waren die Schweizer Parteien
unbestritten Vereine im Sinne der Art. 60 ff. des Schweizer
Zivilgesetzbuches. Diese werden nach Art. 52 Abs. 2, Art. 60 Abs. 1
ZGB zu juristischen Personen des Privatrechts “sobald der Wille, als
Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten erkennbar
wird”.[10]
Es gilt somit im Schweizer Vereinsrecht das “Prinzip der freien
Körperschaftsbildung”, das die Entstehung der juristischen Person
ausschließlich von dem Willen ihrer Mitglieder abhängig macht, ohne
daß in irgendeiner Form – auch nicht in Form einer bloßen
Registrierung – der Staat hieran beteiligt
ist.[11]
Die Qualifizierung der Parteien als
zivilrechtliche Personenvereinigungen hat zur Folge, daß sowohl die
Beziehungen der Parteien zu ihren Mitgliedern wie zu Dritten allein dem
Zivilrecht unterworfen
sind.[12]
Auch aus dem Umstand, daß Art. 73 der Bundesverfassung von 1874 seit
1918 für die Wahl zum Nationalrat das Verhältniswahlsystem
festschrieb, insoweit das Bestehen der Parteien voraussetzte und sie damit
mittelbar anerkannte, wurde nicht geschlossen, daß sie
“inkorporierter Teil des Staatsgefüges”
seien.[13]
Jedoch ergaben sich hieraus natürlich bestimmte Rechte der Parteien bei der
Kandidatenaufstellung im Wahlverfahren. Diese hat das BG noch dadurch
verstärkt, daß es die Parteien für berechtigt hält, in
weiter Auslegung des Art. 85 lit. a des Gesetzes über die
Organisation der
Bundesrechtspflege[14] die
sogenannte Stimmrechtsbeschwerde zu
erheben,[15] mit welcher
die Verletzung aller politischen Rechte bei Wahlen und Abstimmungen auf
kantonaler und kommunaler Ebene gerügt werden kann, so insbesondere alle
Verletzungen des aktiven und passiven
Wahlrechts.[16]
Es ist nun fraglich, ob und inwieweit sich an
dieser Rechtsstellung der Schweizer Parteien durch Art. 137 BV etwas
ändert oder ändern
sollte.[17]
Um dies abschätzen zu können, lohnt sich zunächst ein Blick auf
die Rechtsentwicklung in Deutschland, insbesondere auf die Auslegung, die der
Parteienartikel des Grundgesetzes, Art. 21 GG, erfahren hat. Es ist
nämlich anzunehmen, daß diese Bestimmung Vorbild für
Art. 137 BV ist, wofür insbesondere seine Entstehungsgeschichte
spricht.[18] Aber nicht nur
die deutsche, sondern auch die Rechtsentwicklung in Österreich zur Stellung
und Rechtsnatur der Parteien kann Hinweise für die Auswirkungen des
Parteienartikels der neuen Schweizer Bundesverfassung geben: Mit Erlaß des
österreichischen
Parteiengesetzes[19]
wurde dort nämlich 1975 eine ebenfalls mit Art. 21 GG und
Art. 137 BV vergleichbare Verfassungsbestimmung
geschaffen.
Hier soll daher zunächst die Entwicklung des
Parteienrechts in Deutschland nachgezeichnet werden (I), bevor auf die hierauf
aufbauende, jedoch auch eigenständige Entwicklung des Parteienrechts in
Österreich eingegangen wird (II). Anschließend soll gefragt werden,
was man daraus für die rechtliche Stellung und die Rechtsnatur der Parteien
in der Schweiz, aber auch in Österreich und Deutschland lernen kann (III).
Insoweit soll davon ausgegangen werden, daß sich die Frage der
Rechtsstellung der Parteien in diesen drei Ländern nach denselben oder doch
ähnlichen Grundsätzen richten kann, ungeachtet aller Unterschiede
bezüglich der jeweiligen Ausgestaltung der Demokratie, des
parlamentarischen Systems und der tatsächlichen Bedeutung der
Parteien.[20]
Diese Annahme entspricht einer langen Tradition in der deutschsprachigen
Staatsrechtswissenschaft: Gerade das Phänomen politische Partei ist seit
Ende des Ersten Weltkrieges im deutschsprachigen Raum schon sehr oft mit
grenzüberschreitendem Anspruch behandelt worden, und es lassen sich in der
parteienrechtlichen Literatur jedes der drei Länder zahlreiche
wechselseitige “Anleihen”
feststellen.[21] Nicht
eingegangen werden soll hier jedoch auf den exakten Begriff der politischen
Partei: Ungeachtet der Unterschiede im Detail läßt sich jedenfalls
sagen, daß in allen drei Ländern zumindest solche Vereinigungen zu
den Parteien gezählt werden, die dauerhaft organisiert sind und deren Ziel
es ist, auf Bundes- oder auf Landesebene (Kantonsebene) politisch Einfluß
zu nehmen und zwar insbesondere durch Teilnahme an Wahlen durch Aufstellung von
Wahlbewerbern.[22]
Dieser Kernbegriff der politischen
Partei[23] sollte den
Gegenstand der Untersuchung bestimmt genug umschreiben.
I.
Die Entwicklung des Parteienrechts in Deutschland
Schon unter Geltung der Reichsverfassung von 1871
erkannte das
Reichswahlgesetz[24] die
politischen Parteien in gewisser Weise an: § 17 dieses Gesetzes
gewährte allen Wahlberechtigten “das Recht, zum Betrieb der den
Reichstag betreffenden Wahlangelegenheiten Vereine zu
bilden”.
[25]
Dennoch wurden die Parteien von der Staatsrechtswissenschaft weitgehend
ignoriert oder allenfalls als ein Phänomen des Zivil- und Polizeirechts
angesehen. Dies lag auch daran, daß das geltende Mehrheitswahlrecht zum
Reichstag eine gedankliche Abkoppelung des Abgeordneten von seiner jeweiligen
Parteizugehörigkeit ermöglichte. So läßt sich etwa
erklären, daß während der Geltung des Sozialistengesetzes vom
21. Oktober 1878,[26]
welches u. a. die Sozialdemokratische Partei verboten hat, weiterhin
sozialdemokratische Abgeordnete in den Reichstag gewählt werden konnten:
Das Mehrheitswahlrecht setzte die Existenz von Parteien nicht
voraus,[27] was auch gerade
als Vorteil des Mehrheitswahlrechts gegenüber dem Verhältniswahlrecht
gesehen wurde, da eine gesetzliche Anerkennung etwa auch linksgerichteter
Gruppierungen undenkbar
schien.[28]
Mit § 17 des Reichswahlgesetzes
hätte sich wohl auch tatsächlich nicht rechtfertigen lassen, in den
Parteien etwas anderes als Vereine im Sinne des Zivil- und Polizeirechts zu
sehen, da diese Vorschrift ausdrücklich Beschränkungen durch die
besonderen Bestimmungen des Vereinsrechts
zuließ.[29]
So enthielt etwa das Reichsvereinsgesetz vom 19. April
1908[30] in den
§§ 3 ff. eine Reihe von Sonderbestimmungen für Vereine, die
eine Einwirkung auf politische Angelegenheiten bezweckten. Die Anwendbarkeit des
zivilrechtlichen Vereinsrechts auf die Parteien ergab sich aus § 61
Abs. 2 BGB, nach dem die Verwaltungsbehörde gegen die Eintragung eines
Vereins in das Vereinsregister u. a. dann Einspruch erheben konnte, wenn der
Verein einen politischen Zweck
verfolgte.[31] Diese
Vorschrift führte allerdings dazu, daß sich die meisten Parteien
nicht in das Vereinsregister eintragen ließen, um sich einer staatlichen
Kontrolle zu entziehen. Hierfür nahmen sie jedoch erhebliche Nachteile in
Kauf: Nach § 21 BGB erlangt ein Verein nämlich
Rechtsfähigkeit erst mit seiner Eintragung ins Vereinsregister. Es gilt im
deutschen Vereinsrecht für den Erwerb der Rechtsfähigkeit also –
anders als in der Schweiz – das “System der
Normativbestimmungen”, d. h. die Eintragung in das Vereinsregister war und
ist für die Rechtsfähigkeit des Vereins
konstitutiv.[32] Nicht
eingetragene und damit nichtrechtsfähige Vereine wurden und werden
(gleichsam als Strafe für ihre Existenz) nach § 54 BGB dem
für sie (wegen ihrer körperschaftlichen Struktur) nicht passenden
Recht der Personengesellschaften unterworfen und können nach § 50
Abs. 2 ZPO zwar verklagt werden, jedoch in Ermangelung eigener
Rechtsfähigkeit nicht selbst klagen. Zudem begründet § 54
Satz 2 BGB eine persönliche Haftung des für den
nichtrechtsfähigen Verein Handelnden für alle
rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten des Vereins.
Wurden somit während des zweiten deutschen
Kaiserreiches die Parteien als rechtsfähige oder nichtrechtsfähige
Vereine des Privatrechts angesehen, sollte die Weimarer Reichsverfassung an
diesem Rechtszustand an sich nichts ändern. Das Grundrecht der
Vereinigungsfreiheit des Art. 124 WRV machte dies ganz deutlich: Es wurde
dort ausdrücklich angeordnet, daß der Erwerb der Rechtsfähigkeit
jedem Verein nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts freistehe und
ihm nicht allein deshalb versagt werden dürfe, weil er einen politischen
Zweck verfolge. Damit sollte sich diese Bestimmung eindeutig auch auf die
Parteien beziehen.[33]
Trotzdem ließen sich die meisten Parteien nicht in das Vereinsregister
eintragen, was vor allem auch damit zusammenhing, daß das
Reichsvereinsgesetz formell nicht aufgehoben wurde und deshalb seine
Vereinbarkeit mit Art. 124 WRV im einzelnen streitig
war.[34]
Grund hierfür könnten zudem auch die mit einer
“Umwandlung” eines nichtrechtsfähigen Vereins in einen
rechtsfähigen Verein verbundenen Kosten gewesen sein, welche etwa durch die
notwendigen Grundbuchumschreibungen entstehen.
Neue Akzente im Parteienrecht ergaben sich jedoch
vor allem dadurch, daß nunmehr Art. 22 WRV für die Wahl zum
Reichstag und Art. 17 WRV für die Wahlen zu den Landtagen das
Verhältniswahlsystem festschrieben und damit faktisch die
Zugehörigkeit zu einer Partei zur Voraussetzung für die Ausübung
des passiven Wahlrechts wurde. Abgeordnetenstatus und Parteizugehörigkeit
ließen sich damit nicht mehr ohne weiteres gedanklich trennen, so
daß die Nichterwähnung der Parteien in der Verfassung als
“verschämt” oder auch als “Verleugnung” der
tatsächlichen Machtverhältnisse empfunden
wurde.[35]
Deshalb wurde die Frage der Rechtsnatur und der Aufgaben der Parteien vermehrt
Gegenstand staatsrechtlicher Untersuchungen, deren Ziel war, sie rechtlich
anzuerkennen und damit auch den Widerspruch aufzulösen, der darin bestand,
daß die Verfassung sie voraussetzte, das Zivilrecht ihnen aber im
Regelfall die Rechtsfähigkeit versagte. Zu diesem Zweck – aber wohl
auch um die Möglichkeit von Parteiverboten auf Grundlage des
Reichsvereinsgesetzes
auszuschließen[36]
– wurde den Parteien von der sog.
Parteienstaatslehre[37]
ein öffentlich-rechtlicher Status, ein Status als Staatsorgan oder
Quasi-Staatsorgan zugewiesen, wobei zur Begründung vor allem auf die
mittelbare verfassungsrechtliche Anerkennung der Parteien durch Einführung
des Verhältniswahlrechts und auf soziologische Untersuchungen über die
gesellschaftliche Bedeutung der politischen Parteien in der modernen Demokratie
zurückgegriffen
wurde.[38]
Dies führte jedoch dazu, daß
soziologische Aspekte und konkrete Rechtsfragen miteinander vermengt wurden, da
allgemein die Qualifizierung der politischen Parteien als Staatsorgane oder
Quasi-Staatsorgane für geeignet gehalten wurde, hieraus konkrete
Rechtsfolgen herzuleiten. Einen ersten Schritt in diese Richtung machte der
Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich, welcher nach Art. 19 WRV
zuständig war für die Entscheidung von
“Verfassungsstreitigkeiten innerhalb der
Länder”,[39]
wobei die Konkretisierung des Begriffs “verfassungsrechtliche
Streitigkeit” und des Verfassungsprozeßrechts insgesamt mangels
gesetzlicher Regelung der Rechtsprechung überlassen blieb. Da es der StGH
nun nicht für seine Aufgabe hielt, eine allgemeine
Verwaltungsgerichtsbarkeit zu ersetzen, und er auch keinen umfassenden
Grundrechtsschutz nach Art einer Verfassungsbeschwerde gewähren
wollte,[40] setzte er den
Begriff der “verfassungsrechtlichen Streitigkeit” in Art. 19
WRV im wesentlichen mit dem heutigen Begriff der verfassungsrechtlichen
Organstreitigkeit gleich, wobei er insoweit grundsätzlich nur die
höchsten Staatsorgane (wie Parlament und Regierung) und die sonstigen zur
Mitwirkung an der Bildung des Staatswillens berufenen Organe (wie Fraktionen und
einzelne Abgeordnete) für antragsbefugt
hielt.[41] Eine Ausnahme
machte der StGH jedoch bei den politischen Parteien. Diese sollten in
Wahlrechtsstreitigkeiten (allerdings auch nur in
Wahlrechtsstreitigkeiten)[42]
antragsbefugt sein,[43] was
er damit begründete, daß das von der Verfassung vorgesehene
Verhältniswahlsystem ohne ihre Mitwirkung nicht denkbar sei. Die Parteien
seien insoweit mehr als juristische Personen des Privatrechts,
nämlich Träger verfassungsrechtlicher Befugnisse und Glieder
des
Verfassungsorganismus.[44]
In der Literatur wurde diese Rechtsprechung als Konsequenz der
verfassungsrechtlichen Einrichtung des Parteienstaates angesehen, der den
Parteien Staatsorganqualität
zuweise.[45]
Unter Heranziehung der Parteienstaatslehre wurde
auch versucht zu begründen, daß ein Abgeordneter seinen Sitz im
Parlament verlieren müsse, wenn er aus seiner Partei, für die er
gewählt worden sei, austrete oder ausgeschlossen
werde.[46]
Leibholz nahm etwa an, daß der Parteienstaat eine Erscheinungsform
der unmittelbaren Demokratie sei, die Wahlen stellten sich als eine Art
Volksentscheid über das jeweilige Parteiprogramm dar. Hiermit sei ein
freies Mandat des Abgeordneten ohne Bindung an die Beschlüsse der Partei
grundsätzlich
unvereinbar.[47] Gerade die
linken Parteien versuchten deshalb, ihre Abgeordneten möglichst weitgehend
im Sinne eines imperativen Mandats zu binden, etwa in dem sie von ihren
Kandidaten vor der Wahlaufstellung die Unterzeichnung einer
Blanko-Rücktrittserklärung verlangten, die von der Partei
gegebenenfalls beim Parlament eingereicht werden konnte. Dies stand jedoch in
einem gewissen Widerspruch zu Art. 21 WRV, nach dem der Abgeordnete
Vertreter des ganzen Volkes und an Aufträge nicht gebunden war. Von
Morstein Marx wurde dieses Vorgehen jedoch für verfassungskonform
gehalten. Daß der Abgeordnete nicht an “Aufträge”
gebunden sei, bedeutete seiner Ansicht nach nur, daß auch die
auftragswidrig abgegebene Stimme im Interesse der Funktionsfähigkeit des
Parlaments wirksam sei, so daß diese Regelung den Fall eines
Mandatsverzichts des Abgeordneten gar nicht erfasse. Begründet wurde diese
extrem restriktive Auslegung des Art. 21 der Weimarer Reichsverfassung
damit, daß ein freies Mandat mit dem System des Verhältniswahlrechts
unvereinbar sei.[48]
Durchsetzen konnte sich diese Ansicht nicht,
vielmehr legte die herrschende Meinung Art. 21 WRV der Tradition
entsprechend wesentlich weiter
aus.[49]
Jedoch wurde Art. 21 WRV durchaus “im Lichte der
Parteienstaatlichkeit” gesehen: Nach Radbruch blieb etwa der
Abgeordnete auch dann Vertreter des ganzen Volkes, wenn er seiner
Parteieinstellung entsprechend handele, da dem grundsätzlich auch die
Überzeugung zugrunde liege, dem Wohl des ganzen Volkes zu dienen, und zwar
auch dann, wenn der Abgeordnete im Einzelfall seine Überzeugung der
Parteidisziplin opfere: Sein Gewissen verlange dann von ihm, um der
Gesamtaufgabe der Partei und ihrer hierfür notwendigen
“Starkerhaltung” willen einen kleineren Schaden in Kauf zu
nehmen.[50]
Weitere Rechtsfolgen aus der Qualifizierung der
Parteien als Verfassungs- oder Staatsorgane wurden auch im Bereich der
Regierungsbildung gezogen: So stellte sich die Frage, welche Rechtsnatur die
zwischen den Parteien geschlossenen Koalitionsvereinbarungen hatten. Ohne dies
näher zu begründen, wurden in dem einzigen zu dieser Frage
erschienenen, aber auch unwidersprochen gebliebenen Aufsatz auch hier
öffentlich-rechtliche Rechtssätze für anwendbar
gehalten.[51]
Schließlich war etwa Radbruch der
Ansicht, daß die sich aus der Parteienstaatslehre ergebende
“öffentlich-rechtliche Natur der Parteien” es zuließe,
das innere Parteienleben nach Vorbild der amerikanischen Gesetzgebung zu den
“primary elections” gesetzlich zu
regeln.[52] Damit
ermöglichte die Qualifikation der Partei als öffentlich-rechtlicher
Verband, sie letztlich den Garantien und Schranken der Vereinigungsfreiheit des
Art. 124 WRV zu entheben, da sich letztere wohl auch nach damaligem
Grundrechtsverständnis nur auf die Bildung privatrechtlicher Verbände
bezog. Letzte Konsequenz der Parteienstaatslehre wäre damit wohl gewesen,
die Parteien der Anwendbarkeit des privaten Vereinsrechts des BGB gänzlich
zu entziehen und sie als juristische Personen des öffentlichen Rechts zu
begreifen.
So gesehen erreichte die Parteienstaatslehre in
perverser Weise ihren Höhepunkt in der Zeit des Nationalsozialismus:
Nachdem durch das Gesetz gegen die Neubildung von
Parteien[53] alle Parteien
bis auf die NSDAP verboten worden waren, ordnete nämlich das Gesetz zur
Sicherung der Einheit von Partei und
Staat[54] in § 1
an, daß die NSDAP Trägerin des Deutschen Staatsgedankens, mit dem
Staat untrennbar verbunden und eine Körperschaft des öffentlichen
Rechts sei. Von Bedeutung ist dies im vorliegenden Zusammenhang vor allem
deshalb, weil sich mit der Qualifizierung der Partei als juristische Person des
öffentlichen Rechts Probleme stellten, die sich in ähnlicher Weise
auch heute stellen würden, sähe man Parteien als juristische Personen
des öffentlichen Rechts an.
So hatte das Reichsgericht zu klären, ob die
NSDAP gegenüber Dritten dem Staatshaftungsrecht unterworfen sei, was es mit
Rücksicht auf ihre ausdrückliche Anerkennung als Körperschaft des
öffentlichen Rechts
bejahte.[55] Das
Reichsarbeitsgericht mußte sich dagegen mit der Frage beschäftigen,
ob das Verhältnis der Partei zu ihren Mitgliedern dem
öffentlichen oder dem Privatrecht unterliege, meinte allerdings dies im
konkret zu entscheidenden Fall offen lassen zu
können.[56] Diese
Urteile zeigen jedoch, daß man die Partei mit der Zuweisung einer
öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur auch im Verhältnis zu Dritten und
ihren Mitgliedern grundsätzlich dem öffentlichen Recht unterwarf.
Schließlich wurde auch deutlich, daß
sich mit der Qualifizierung der Partei als Körperschaft des
öffentlichen Rechts eine befriedigende Erklärung des
Verhältnisses zwischen Partei und Staat nicht herbeiführen ließ.
Zwar konnte man in der “Verstaatlichung” der Partei eine gewisse
Aufwertung gegenüber dem bisherigen Status als eingetragener Verein sehen,
jedoch wäre damit eigentlich auch eine gewisse Unterordnung unter den Staat
verbunden gewesen,[57] ein
Ergebnis, das die damalige Staats“rechts”wissenschaft unter allen
Umständen zu vermeiden suchte: So ging etwa E. R. Huber davon aus,
daß sich die Rechtsnatur der NSDAP von der anderer Körperschaften des
öffentlichen Rechts dadurch unterscheide, daß es sich bei ihr um eine
Einrichtung des sog. “Verfassungslebens des Dritten Reichs” und
nicht um eine Einrichtung der Verwaltungsordnung
handele.[58]
Das Grundgesetz vermeidet nun natürlich
jeden Zusammenhang mit der Entwicklung nach 1933. Sein Art. 21 erkennt
vielmehr ausdrücklich die Parteien und die Parteigründungsfreiheit an.
Da sich diese Vorschrift jedoch einerseits nicht bei den Grundrechten, sondern
im zweiten Abschnitt des Grundgesetzes “Der Bund und die
Länder” befindet, sie aber andererseits den Parteien auch nicht
ausdrücklich Staats- oder Verfassungsorganqualität zuspricht,
läßt sie die Frage der Rechtsnatur der Parteien letztlich offen.
Jedoch scheint nach ihrer Entstehungsgeschichte keine formelle
Anerkennung der Parteienstaatslehre beabsichtigt worden zu sein. Zielrichtung
war eher, vor allem im Hinblick auf die Blockparteibildung in der damaligen
Ostzone,[59] aber auch auf
die Erfahrungen im Nationalsozialismus ein Mehrparteiensystem zu
garantieren und es gleichsam als fünften Wahlrechtsgrundsatz zu verankern.
Gerade deshalb wurde die Frage der Regelung des Parteienrechts auch im
Zusammenhang mit dem Wahlrecht gesehen. Deutlich wurde dies vor allem noch im
Entwurf des Verfassungskonvents von Herrenchiemsee: So sah Art. 29 HChE
vor, daß die Landesparlamente aus freien, gleichen und geheimen Wahlen
hervorgehen, bei denen sich mindestens zwei voneinander unabhängige
Parteien mit eigenen Programmen und Kandidaten bewerben müßten.
Unmittelbar in Zusammenhang mit den Regeln über die Wahl zum Bundestag
wurde das Parteiwesen in Art. 47 HChE dann genauer geregelt: Hier fand sich
die Vorschrift, daß Wahlvorschläge nur von Wählergruppen
eingereicht werden könnten, die sich den Vorschriften über die
Parteien unterstellten. Hieran anknüpfend wurden dann näher die
Parteigründungsfreiheit in Verbindung mit einem Verbot der Blockbildung,
die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Parteienrecht und die
Möglichkeit von Parteiverboten
geregelt.[60] Die
systematische Stellung des Art. 21 GG im Abschnitt “Der Bund und die
Länder” erklärt sich vor diesem Hintergrund als
Zusammenführung der Regelungen des Verfassungsentwurfs von Herrenchiemsee
zu einem einheitlichen in Bund und Ländern unmittelbar geltenden
“fünften Wahlrechtsgrundsatz” des Mehrparteiensystems, wobei im
Parlamentarischen Rat dann auch vermehrt der Umstand betont wurde, daß es
auch im Mehrparteiensystem notwendig sei, innerparteiliche Demokratie zu
gewährleisten.[61]
Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings
Art. 21 GG in seinen ersten Entscheidungen zum Parteienrecht eine
wesentlich größere Bedeutung zugemessen: Es verstand die Vorschrift
als verfassungsrechtliche Anerkennung der Parteienstaatslehre und damit die
Parteien als “quasi-staatliche Organisationen”: So führte es
etwa in seinem ersten Grundsatzurteil vom 5. April 1952 unter
ausdrücklicher Anknüpfung an die Parteienstaatslehre der Weimarer
Republik aus, daß Zweck des Art. 21 GG sei, den modernen
demokratischen Parteienstaat zu legalisieren und damit die Parteien in die
Verfassung einzubauen. Die Parteien stünden daher nicht wie andere soziale
Gebilde dem Staat gegenüber, sondern befänden sich “in dessen
Bereich”. Zwar seien die Parteien keine formierten “obersten
Staatsorgane” in dem Sinne wie es Parlament und Regierung seien, jedoch
schließe dies eine Staatsorganqualität nicht
aus.[62]
Zurückzuführen war diese Rechtsprechung insbesondere darauf, daß
Gerhard Leibholz – einer der wichtigsten Verfechter der
Parteienstaatslehre sowohl zur Zeit der Weimarer Republik wie unter dem
Grundgesetz – dem BVerfG in der fraglichen Zeit
angehörte.[63]
Problematisch war dieses Parteienverständnis
vor allem deshalb, weil hieran wiederum konkrete Rechtsfolgen geknüpft
wurden: Dies betraf zunächst die Frage, inwieweit die Parteien
Grundrechtsträger sein können und ob ihnen zur Durchsetzung ihrer
Grundrechte der Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde zusteht. So führte
das BVerfG in seiner bereits erwähnten Entscheidung vom 5. April 1952 aus,
daß es angesichts der Legalisierung des Parteienstaats einen schwer
verständlichen Rückschritt gegenüber der Rechtsprechung des
Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich bedeuten würde, die Parteien
zur Durchsetzung ihrer verfassungsrechtlichen Rechte auf die (damals nur
einfachgesetzlich
geregelte)[64]
Verfassungsbeschwerde zu verweisen. Die Parteien lebten innerhalb der
Verfassungssphäre, weshalb zweifelhaft sei, ob sie sich überhaupt auf
Grundrechte berufen könnten. Jedenfalls entspräche es dem
verfassungsrechtlichen Rang der Parteien nur, sie als im Organstreitverfahren
nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG neben den obersten Bundesorganen als
“andere Beteiligte” für parteifähig zu halten, soweit sie
um die ihnen als politische Parteien zugewiesenen Rechte
stritten.[65] An dieser
Rechtsprechung wird bis heute
festgehalten.[66]
Jedoch stellte sich heraus, daß auf diese
Weise den Parteien kein verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz gegenüber
Maßnahmen gewährt werden kann, die nicht von den obersten
Staatsorganen, sondern von Gemeinden und sonstigen Verwaltungsorganen ausgehen.
Das BVerfG ließ in diesen Fällen dann doch die Verfassungsbeschwerde
zu (und erkannte damit auch eine Grundrechtsfähigkeit der Parteien an), mit
der Begründung, daß die Partei in einem solchen Fall nicht um ihr
Recht auf Teilhabe am Verfassungsleben streite, sondern Grundrechte
gegenüber Verwaltungsmaßnahmen
durchsetze.[67] Deshalb
mußte in der Folgezeit dann auch bezüglich solcher Maßnahmen
oberster Bundesorgane differenziert werden, gegen die sich die Parteien wegen
Verletzung des Art. 21 GG nur im Organstreitverfahren wehren können,
und solchen, welche die Parteien in ihren Grundrechten verletzen und gegen die
nur im Wege der Verfassungsbeschwerde verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz
gesucht werden kann.[68]
Insgesamt erscheint diese Aufspaltung des verfassungsgerichtlichen
Rechtsschutzes je nach Antragsgegner und Rechtsschutzbegehren als wenig
praktisch, da sie erhebliche Abgrenzungsprobleme aufwerfen kann. Deshalb wird
sie auch in der Literatur heftig
angegriffen.[69]
Daß sich aus dieser Aufspaltung für
die Parteien Nachteile ergeben können, zeigt sich auch daran, daß von
einer weit verbreiteten Meinung das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit des
Art. 9 GG als vollständig von Art. 21 GG verdrängt angesehen
wird.[70]
Diese Ansicht hat zur Folge, daß den Parteien bei Eingriffen in die
Parteigründungsfreiheit durch Verwaltungsbehörden und Gerichte die
Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG nicht offen steht, da
Art. 21 GG kein mit der Verfassungsbeschwerde durchsetzbares Recht
ist[71]
– eine Konsequenz, die allerdings selten gezogen wird.
Aus der Qualifizierung der Parteien als
Verfassungsorgane wurden aber auch bezüglich der Frage der
Zulässigkeit staatlicher Parteienfinanzierung Rechtsfolgen hergeleitet: In
seinem ersten Parteienfinanzierungsurteil vom 24. Juni 1958 führte das
BVerfG insoweit sehr knapp aus, daß es zulässig sei, die Parteien
staatlich zu finanzieren, weil sie Verfassungsorgane seien und die Abhaltung von
Wahlen eine öffentliche Aufgabe
sei.[72] Von diesem
Grundsatz rückte das BVerfG trotz allen Wandels in der Rechtsprechung zur
Parteienfinanzierung nicht mehr ab. So hielt es in seinem zweiten
Parteienfinanzierungsurteil vom 19. Juli 1966 zwar eine allgemeine staatliche
Parteienfinanzierung für
verboten,[73]
ließ jedoch eine Wahlkampfkostenerstattung mit
der Begründung zu, daß die Durchführung von Wahlen eine
öffentliche Aufgabe sei und die Bedeutung der Parteien für die Wahlen
es gerechtfertigt erscheinen lasse, ihnen die notwendigen Kosten eines
angemessenen Wahlkampfs zu
ersetzen,[74] wobei nach
späteren Entscheidungen auch eine Pauschalierung zulässig sein
sollte.[75] Diese
Wahlkampfkostenerstattung entwickelte sich im Laufe der Zeit jedoch immer mehr
zu einer Basisfinanzierung der Parteien, so daß sich das BVerfG in seinem
vorläufig letzten Parteienfinanzierungsurteil vom 9. April 1992 gezwungen
sah, nun doch wieder eine allgemeine Parteienfinanzierung
zuzulassen.[76] Insgesamt
vermittelt diese Parteienfinanzierungsrechtsprechung des BVerfG damit den
Eindruck, daß die im ersten Parteienfinanzierungsurteil aus der
“Staatsorganqualität” der Parteien hergeleitete
Zulässigkeit staatlicher Parteienfinanzierung dazu führte, daß
man von diesem Grundsatz später nicht mehr vollständig abzurücken
wagte. Auch das deutsche Recht der Parteienfinanzierung läßt sich
damit als mittelbare Folge der vom BVerfG in seinen frühen Jahren
vertretenen Parteienstaatslehre
verstehen.[77]
Diese Lehre ließ schließlich auch die
Diskussion über die Vereinbarkeit des “Parteienstaates” mit dem
in Art. 38 GG normierten freien Mandat des Abgeordneten neu aufleben. Das
BVerfG nahm insoweit an, daß zwischen Art. 21 und Art. 38 GG ein
Spannungsverhältnis bestehe, das in der Doppelstellung des Abgeordneten als
Vertreter des ganzen Volkes einerseits und als Vertreter einer konkreten Partei
andererseits liege, und daß sich daher beide Vorschriften theoretisch nur
schwer in Einklang bringen ließen. Zur Lösung der hierdurch
entstehenden Probleme müsse daher ermittelt werden, welches Prinzip bei der
Entscheidung einer konkreten Rechtsfrage das größere Gewicht
habe.[78] Nach dieser bis
heute vertretenen Ansicht stellen sich somit alle Rechtsfragen, die mit einem
Parteiwechsel von
Abgeordneten,[79] aber auch
etwa mit dem früher von den GRÜNEN propagierten
Rotationsprinzip[80]
verbunden sind, unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs zwischen Art. 21 GG
und Art. 38 GG, wobei die Tendenz dahin geht, Art. 38 GG den Vorrang
einzuräumen; jedoch gibt es auch Ausnahmen: So räumte das BVerfG
Art. 21 GG den Vorrang ein, als es darum ging, ob ein Abgeordneter, der
für eine verfassungswidrige Partei in das Parlament gewählt wurde, bei
nachträglichem Parteiverbot sein Mandat
verliert.[81]
Die Parteienstaatslehre wurde schließlich
auch herangezogen, um zu klären, welches Recht auf Koalitionsverträge
anwendbar ist: Der Bundesgerichtshof hatte etwa in einem Urteil vom 19. Januar
1959 darüber zu entscheiden, ob für die Durchsetzung einer in einer
Koalitionsabsprache getroffenen Nebenabrede – jeder der an der Absprache
Beteiligten sollte eine Niederschrift der Sitzung erhalten – der
Zivilrechtsweg gegeben sei. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn die Frage
der Rechtsverbindlichkeit und Durchsetzbarkeit der Koalitionsabsprache unter
Heranziehung zivilrechtlicher Normen hätte beurteilt werden müssen:
Dies verneinte der BGH mit der Begründung, daß die Parteien kraft
Verfassungsrechts Institutionen seien, mittels derer die obersten
Verfassungsorgane handlungsfähig gemacht würden. Auch das
Verfassungsorgan Bundesregierung hänge in seiner jeweils konkreten Gestalt
von den Parteien ab. Daher gehöre ihre Mitwirkung im Prozeß der
Regierungsbildung dem Verfassungsleben an und sei damit der
verfassungsrechtlichen Ordnung unterstellt. Koalitionsvereinbarungen seien daher
verfassungsrechtliche
Verträge.[82] Dies ist
im Grundsatz bis heute nahezu unbestritten, nur der Vertragscharakter der
Koalitionsvereinbarungen, nicht jedoch ihre Zugehörigkeit zum
Verfassungsrecht wird in Frage
gestellt.[83]
Wird damit auch heute noch in vielerlei Hinsicht
ein “quasi-hoheitlicher” Status der Parteien aus Art. 21 GG
hergeleitet, so wurde die sich hieraus ergebende Konsequenz, den Parteien den
Status von Körperschaften des öffentlichen Rechts zuzuschreiben, nicht
gezogen, vor allem wohl deshalb nicht, weil das BVerfG in dem bereits
erwähnten zweiten Parteienfinanzierungsurteil vom 19. Juli 1966 von der
Parteienstaatslehre abrückte und nunmehr die Notwendigkeit
staatsunabhängiger Parteien und die hieraus folgende Unzulässigkeit
ihrer Eingliederung in den Staatsorganismus
anerkannte.[84] Das Gericht
folgte insoweit weitgehend den Ansichten Konrad Hesses, der es
ausdrücklich ablehnte, den Parteien den Status einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts
zuzuweisen.[85]
Allerdings lehnte Hesse es auch ab, die Parteien als zivilrechtliche
Vereine anzusehen, sondern wies ihnen einen – allerdings nicht näher
definierten – singulären “öffentlichen” Status zu,
mit der Folge etwa der Nichtanwendbarkeit des Art. 9 GG auf Parteien, der
Nichtanwendbarkeit des Zivil- und Gesellschaftsrechts bezüglich der Frage
des Erwerbs der Rechtsfähigkeit, der öffentlich-rechtlichen
Rechtsnatur der zwischen den Parteien abgeschlossenen Koalitionsverträge
und einer “bedingten” unmittelbaren Grundrechtsverpflichtung der
Parteien im Verhältnis zu ihren
Mitgliedern.[86]
Die Zivilgerichte und die mittlerweile ganz
herrschende Meinung in der Literatur haben sich allerdings bezüglich der
Rechtsnatur der Parteien der Lehre Hesses vom
“öffentlich-rechtlichen Verband sui generis” nicht
angeschlossen,[87]
sondern unterstellen sie nach wie vor dem privatrechtlichen Vereinsrecht, sofern
das Parteiengesetz von
1967[88] insbesondere
hinsichtlich ihrer inneren Ordnung keine Sonderregelungen
trifft.[89] Man
qualifiziert sie also entweder als rechtsfähige oder als
nichtrechtsfähige Vereine i. S. des
BGB,[90] mit der Folge,
daß sowohl das Verhältnis der Parteien zu
Dritten[91] wie zu ihren
Mitgliedern[92] als
privatrechtlich eingestuft wird. Dem entspricht auch, daß sich die
Ansicht, die Parteien seien unmittelbar
grundrechtsverpflichtet,[93]
nicht durchgesetzt hat. So hat der BGH etwa einen unmittelbar aus den
Grundrechten hergeleiteten Anspruch auf Aufnahme in eine Partei
abgelehnt.[94]
Da jedoch – wie gezeigt – viele der
ursprünglichen Aussagen des BVerfG zur Rechtsnatur der Parteien auch heute
noch fortwirken, läßt sich in einer Gesamtschau ihr Rechtsstatus, so
wie er sich heute nach der Rechtsprechung des BVerfG, des BGH und nach der
herrschenden Lehre zu Einzelfragen darstellt, in Anschluß an
Christian-Friedrich
Menger[95] wohl am
ehesten als der von privatrechtlichen Vereinigungen umschreiben, welche mit
verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten beliehen sind, wobei aber bis
ins Detail streitig ist, wieweit diese “Beleihung” reicht, welche
Bedeutung ihr zukommt und welche Rechtsfolgen hieraus herzuleiten
sind.
II.
Die Entwicklung des Parteienrechts in Österreich
Kennzeichnend für die österreichische
Parteienrechtsdogmatik ist, daß die Frage der Rechtsnatur der politischen
Parteien von Rechtsprechung und Staatsrechtslehre nahezu ausschließlich in
Zusammenhang mit der Frage untersucht worden ist, ob sie rechtsfähig
sind.[96] Maßgeblich
ist insoweit § 26 Satz 2 ABGB, wonach als juristische
(“moralische”) Personen rechtsfähig nur “erlaubte
Gesellschaften” sind, während nach Satz 3 “unerlaubte
Gesellschaften” als solche keine Rechte haben können. Wann eine
Gesellschaft “erlaubt” ist, sagt das ABGB selbst nicht, sondern
verweist insoweit auf Spezialgesetze. Für die Parteien war damit bis zum
Erlaß des Parteiengesetzes von
1975[97] das Gesetz vom 15.
November 1867 über das
Vereinsrecht[98]
maßgeblich. Dieses sah in § 4 vor, daß die beabsichtigte
Bildung eines Idealvereines den zuständigen Behörden anzuzeigen sei.
Nach § 6 konnte diese Behörde die Vereinsbildung untersagen,
sofern der Verein als gesetz-, rechtswidrig oder staatsgefährlich angesehen
wurde. Erfolgte keine Untersagung, konnte der Verein nach § 7 seine
Tätigkeit beginnen, unterstand aber einer verhältnismäßig
strengen Vereinsaufsicht. Für politische Vereine galten bis zur
Vereinsgesetznovelle vom 5. November
1947[99] eine Reihe von
Sonderbestimmungen, wozu insbesondere eine Mitgliederanzeigepflicht
(§ 32) und das Verbot gehörte, Zweigvereine zu gründen und
mit anderen Vereinen in Verbindung zu treten (§ 33). Vor allem wegen
dieser Sonderbestimmungen, aber auch wegen der allgemeinen Vereinsaufsicht und
der Untersagungsbestimmung des § 6, lehnten die Parteien
Österreichs es weitgehend ab, sich als Vereine nach dem Vereinsgesetz zu
konstituieren, insbesondere eine Anmeldung nach § 4 vorzunehmen. Damit
stellte sich die Frage, ob die Parteien deshalb “unerlaubte
Gesellschaften” und damit nicht rechtsfähig waren.
Als rechtlich problematisch empfunden wurde dies
allerdings erst nach 1918, als im Bund und in den Ländern das
Verhältniswahlrecht eingeführt wurde und schließlich in
Art. 26 des Bundes-Verfassungsgesetzes vom 1. Oktober 1920 für die
Wahl zum Nationalrat verfassungsrechtlich festgeschrieben
wurde.[100] Hierin sah
insbesondere Kelsen eine verfassungsrechtliche Anerkennung der
Parteien.[101]
Damit entstand auch in Österreich das Problem, daß das
Verfassungsrecht die Parteien als notwendig voraussetzte, das Zivilrecht ihnen
dagegen die Rechtsfähigkeit zu verwehren schien. Zur Zeit der 1. Republik
wurde dieses Ergebnis teilweise als vom geltenden Recht unabwendbar vorgegeben
hingenommen,[102]
jedoch wurde auch versucht, auf verschiedenen Wegen die Rechtsfähigkeit der
Parteien zu begründen, insbesondere indem man aus dem Umstand, daß
die Verfassung ihre Existenz voraussetzte, schlicht auf ihre
Rechtsfähigkeit
schloß[103] oder
mit Kelsen von einer öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur der Parteien
ausging.[104]
Die Gerichte schlossen sich diesen Ansichten jedoch nur teilweise an,
insbesondere, weil das Verhältnis zwischen der
“verfassungsrechtlichen Anerkennung” der Parteien zu § 26
ABGB und dem Vereinsgesetz unklar
blieb.[105]
In der 2. Republik wurde schließlich der
Widerspruch zwischen Verfassungs- und Zivilrecht besonders deutlich: Die
Unabhängigkeitserklärung vom 27. April 1945, mit welcher die
“Wiederherstellung der Republik Österreich” proklamiert wurde,
und die Wiederinkraftsetzung des heute noch geltenden Bundes-Verfassungsgesetzes
von 1920 in der Fassung von 1929 beruhten nämlich nicht auf dem
Beschluß einer Volksvertretung, sondern erfolgten letztlich im Namen der
sogenannten “antifaschistischen Parteien” Österreichs, der
SPÖ, der ÖVP und der
KPÖ.[106]
Hieraus folgerte der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung vom 8. März
1947,[107] daß es
angesichts dieser Umstände nicht angehe, den politischen Parteien die
Rechtsfähigkeit nach Zivilrecht zu versagen. Die öffentlich-rechtliche
Literatur folgte diesem Urteil und nahm an, daß der OGH letztlich eine
eigene Rechtsform “politische Partei” jenseits des Vereinsgesetzes
anerkannt habe. Es wurde dann die Frage gestellt, ob nur die sogenannten
“historischen Parteien”, welche an der Staatsgründung 1945
beteiligt waren, mit dieser Begründung als rechtsfähig angesehen
werden
konnten,[108]
oder ob der Gleichheitssatz gebiete, daß auch die später
gegründeten Parteien Rechtsfähigkeit außerhalb des
Vereinsgesetzes erwerben
könnten.[109]
In der zivilrechtlichen Literatur wird dieses
Urteil – mittlerweile einhellig – allerdings etwas anders
verstanden: Hier geht man davon aus, daß es eine mittelbare Anerkennung
des Grundsatzes der freien Körperschaftsbildung im Vereinsrecht enthalte,
die Anmeldung nach Vereinsrecht also – entgegen der früher ganz
herrschenden Meinung[110]
– weder für Parteien noch für sonstige Vereine Voraussetzung
für den Erwerb der Rechtsfähigkeit
sei.[111]
Damit wurde auch deutlich, daß die politischen Parteien juristische
Personen des Zivilrechts und nicht – wie vereinzelt angenommen worden ist
– des öffentlichen Rechts waren, was der OGH in einem Urteil vom 27.
Februar 1967 schließlich auch
bestätigte.[112]
Dieses neue zivilrechtliche Verständnis des
§ 26 ABGB und seines Verhältnisses zum Vereinsgesetz wurde von
der öffentlich-rechtlichen Literatur allerdings nicht mehr rezipiert.
Vielmehr begann man aus der einmal festgestellten verfassungsrechtlichen
Anerkennung der Parteien nun auch in Österreich Rechtsfolgen nicht nur in
bezug auf ihre zivilrechtliche Rechtsfähigkeit herzuleiten, sondern auch
auf anderen Rechtsgebieten. So wurde etwa auch in Österreich aus dem
verfassungsrechtlichen Status der Parteien auf die öffentlich-rechtliche
Rechtsnatur der Koalitionsvereinbarungen
geschlossen[113] und
– in Anschluß an
Kelsen[114]
– die Frage der Vereinbarkeit des Parteienstaates mit dem in Art. 56
B-VG normierten freien Mandat des Abgeordneten
gestellt.[115] Auch das
österreichische Parteiengesetz von
1975[116]
steht eher in der Tradition der Parteienstaatslehre, als daß es die rein
zivilrechtliche Betrachtungsweise des Phänomens politische Partei aufnehmen
würde: So sind etwa nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1
Existenz und Vielfalt der Parteien wesentliche Bestandteile der
demokratischen Ordnung der Republik Österreich. Hiermit wird eine sehr
enge Verbindung zwischen Staat und Parteien hergestellt, wenn auch nicht
ausdrücklich die Parteien als Teil der organisierten Staatlichkeit
bezeichnet
werden.[117]
Auch ist auffällig, daß sich die übrigen Bestimmungen des
Parteiengesetzes nahezu ausschließlich mit der Frage der
Parteienfinanzierung beschäftigen, deren Zulässigkeit und Gebotenheit
sich – wie das Beispiel Deutschlands zeigt – vor allem mit Hilfe der
Parteienstaatslehre begründen ließ. Deshalb hat das Parteiengesetz
auch den Eindruck erweckt, als wäre die verfassungsrechtliche Verankerung
der Parteien nur erfolgt, um damit die Parteienfinanzierung ermöglichen zu
können.[118]
Bezeichnend für das österreichische
Parteiengesetz ist schließlich auch, daß es in § 1 Abs. 4
letztlich eine besondere Rechtsform für die politische Partei
normiert.[119]
Primärziel dieser Regelung und der in Abs. 3 normierten, durch einfaches
Gesetz nicht einschränkbaren Parteigründungs- und
Parteibetätigungsfreiheit war, die Anwendbarkeit des Vereinsrechts,
insbesondere des Vereinsaufsichtsrechts auf die Parteien und damit auch jedes
Parteiverbot
auszuschließen.[120]
Da aber nicht ausdrücklich bestimmt wurde, ob es sich bei den Parteien um
juristische Personen des öffentlichen oder des Privatrechts handelt,
stellte sich damit die Frage der Rechtsnatur der Parteien neu und damit auch die
Frage, ob das Verhältnis zwischen ihnen und ihren Mitgliedern
öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sei. Der OGH entschied
jedoch schon am 9. November 1977, daß sich durch das Parteiengesetz an der
privatrechtlichen Rechtsnatur der Parteien nichts geändert
habe.[121]
III.
Heutige Bedeutung der Entwicklungsgeschichte des Parteienrechts
Betrachtet man die Entwicklung des Parteienrechts
in Deutschland und in Österreich, so liegt nahe anzunehmen, daß die
dort vertretene Annahme einer besonderen Rechtsstellung der politischen Parteien
und ihrer “Quasi-Staatlichkeit” ihren Ursprung vor allem darin
findet, daß das Zivil- und Verwaltungsrecht für sie keine angemessene
Rechtsform bereitstellte, sondern sie einem besonders strengen, noch aus der
Zeit der Monarchie stammenden Vereinsaufsichtsrecht unterwarf, auch nachdem
durch die verfassungsgesetzliche Einführung des Verhältniswahlrechtes
ihre Notwendigkeit mittelbar anerkannt worden war. Damit entstand ein
Widerspruch zwischen Verfassungsrecht und einfachem Zivil- und Verwaltungsrecht,
den die Staatsrechtslehre nur dadurch auflösen zu können glaubte,
daß sie den Parteien so etwas wie einen öffentlich-rechtlichen Status
zusprach, um sie auf diese Weise dem Vereinsrecht zu entheben. Dem entspricht,
daß – soweit erkennbar – in der Schweiz die
Parteienstaatslehre nie wirklich vertreten worden
ist:[122] Da hier
für Idealvereine der Grundsatz der freien Körperschaftsbildung gilt
und nach Art. 56 der Bundesverfassung von 1874 jegliche präventive
Kontrolle der Vereinsbildung untersagt war, konnte ein Widerspruch zwischen
Verfassungsrecht einerseits und Zivil- und Verwaltungsrecht andererseits gar
nicht auftreten.[123]
Zumindest in der historischen Betrachtungsweise kann man die besondere
Rechtsstellung der Parteien, wie diese sie in Deutschland und Österreich
genießen, als Institution des Zivilrechts sehen, nämlich als
Folgeerscheinung eines nicht hinreichend an die Verfassungsrechtslage
angepaßten Zivilrechts.
Jedoch muß man hierbei nicht stehenbleiben.
Dieser Befund rechtfertigt vielmehr auch, die Frage der Rechtsstellung der
Parteien und die Bedeutung ihrer verfassungsrechtlichen Anerkennung generell neu
zu stellen: Man wird ihrer Bedeutung und ihrer Rolle im modernen Staat auch
gerecht, wenn man ihnen jeden “hoheitlichen” oder
“quasi-hoheitlichen” Charakter abspricht und sie
ausschließlich als dem Privatrecht unterworfene Personenvereinigungen
versteht, denen allerdings einerseits das öffentliche Recht im
Wahlverfahren besondere subjektiv-öffentliche Rechte zuweist und deren
Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes andererseits durch die
verfassungsgesetzlichen Parteienartikel unter besonderen verfassungsrechtlichen
Schutz gestellt
wird.[124] Die Parteien
sind damit nicht mehr (und nicht weniger) als zivilrechtliche
Personenvereinigungen, welche allerdings wegen ihres spezifischen
“Gesellschaftszwecks”, der Beeinflussung der staatlichen
Willensbildung, besondere öffentlich-rechtliche und verfassungsrechtliche
Probleme aufwerfen.[125]
Gegen ein solches Parteienverständnis
spricht nicht bereits, daß die moderne Demokratie – zumindest wenn
das Verhältniswahlsystem gilt – die Existenz von Parteien
voraussetzt. Eine Entscheidung des Hamburger Verfassungsgerichts vom 4. Mai 1993
macht dies deutlich: Hier war in einem Wahlanfechtungsverfahren eine Wahl mit
der Begründung angefochten worden, daß eine Partei (die CDU) bei der
Aufstellung ihrer Kandidaten demokratische Grundsätze nicht beachtet habe.
Das Hamburger Verfassungsgericht stellte fest, daß tatsächlich
schwere Fehler bei der Nominierung der Kandidaten vorgekommen seien und
erklärte deshalb die Wahlbeschwerden für begründet. Es
knüpfte insoweit aber nicht unmittelbar an die fehlerhafte
Kandidatenaufstellung durch die Partei an, sondern sah den Wahlfehler darin,
daß der Wahlausschuß nicht ausreichend geprüft habe, ob die
Kandidatenaufstellung durch die Partei den Vorgaben der Verfassung und der
Wahlgesetze entsprochen habe. Die Wahl wurde also letztlich nicht wegen eines
Verstoßes der CDU gegen die Gebote der innerparteilichen Demokratie
für ungültig erklärt, sondern weil der Wahlleiter die Liste der
CDU, welche unter Verstoß gegen die Verfassung und das Wahlgesetz zustande
gekommen sei, nicht zur Wahl hätte zulassen
dürfen.[126] Damit
wird deutlich, daß die Parteien bei der Kandidatenaufstellung nicht eine
ihnen selbst obliegende öffentliche Aufgabe erfüllen, sondern im
Wahlverfahren lediglich (auch) ihnen gewährte Rechte wahrnehmen, die ihnen
aber nicht voraussetzungslos, sondern nur unter den in den Wahlgesetzen
genannten Bedingungen gewährt werden. Um das Gebot innerparteilicher
Demokratie durchzusetzen und ihrer Bedeutung für die Durchführung von
Wahlen gerecht zu werden, war damit ein Rückgriff auf die
Parteienstaatslehre gar nicht notwendig. Insoweit ist der Konstruktion des
Hamburger Verfassungsgericht durchweg zugestimmt
worden[127] – auch
vom BVerfG.[128] Nach
diesem Ansatz dürfte es im übrigen vor allem auch in Österreich
möglich sein, selbst ohne ausdrückliche verfassungsrechtliche
Ermächtigung zur einfachgesetzlichen Regelung der inneren Ordnung der
Parteien unter Berufung auf den Verfassungsauftrag zur möglichst
demokratischen Ausgestaltung des Wahlrechts in die Wahlgesetze Vorgaben für
die innerparteiliche Kandidatenaufstellung
aufzunehmen.[129]
Im übrigen gelangt man mit Hilfe der hier
vertretenen Auffassung auch zu einer befriedigenden Auflösung des
postulierten Spannungsverhältnisses zwischen
“Parteienstaatlichkeit” und freiem Mandat: Rechtlich besteht dann
ein solches Spannungsverhältnis gar
nicht,[130] da die
Verfassung und das Wahlrecht den Parteien besondere subjektiv-öffentliche
Rechte nur im Wahlverfahren gewähren, und die Regelung über das freie
Mandat klarstellt, daß die Parteien trotz ihrer tatsächlichen, auch
unter besonderem verfassungsrechtlichem Schutz stehenden
Beeinflussungsmöglichkeiten kein Recht auf ein bestimmtes
Abstimmungsverhalten “ihres” Abgeordneten im Parlament haben
können – genauso wenig wie der Abgeordnete ein Recht haben kann, von
seiner Partei bei der nächsten Wahl wieder aufgestellt zu
werden.[131] Damit ist
die Problematik der Grenzen zulässiger Fraktionsdisziplin zum
unzulässigen Fraktionszwang ausschließlich eine Frage des
Parlamentsrechts, nicht des
Parteienrechts,[132] und
es wird auch deutlich, warum die Fraktionen nach ganz herrschender Auffassung
nicht im Rechtssinne Organe der Parteien, sondern nur Untergliederung bzw.
Organ(teil)e des Parlaments sein
können.[133]
Auch die immense politische und gesellschaftliche
Bedeutung der Parteien erlaubt nicht, hieraus allein auf eine
“hoheitliche” Rechtsnatur ihres Handelns zu schließen.
Dementsprechend bestimmt sich etwa die wohl nur für Deutschland und
Österreich
bedeutsame[134] Frage, ob
es sich bei den zwischen den Parteien geschlossenen Koalitionsabsprachen um
echte rechtsfolgenerzeugende Verträge oder um nicht rechtsverbindliche rein
politische Absprachen handelt, entgegen der ganz herrschenden Auffassung nach
Privatrecht,[135] da die
Beteiligten einer solchen Absprache, die Parteien, juristische Personen des
Privatrechts sind und öffentlich-rechtliche Verträge zwischen
Privatpersonen nur möglich sind, wenn diesen eine Dispositionsbefugnis
hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Rechte und Pflichten auch
gegenüber dem Staat zusteht. Hierzu bedarf es jedoch einer
ausdrücklichen
Ermächtigung.[136]
Weder das deutsche Grundgesetz noch das
österreichische Bundes-Verfassungsgesetz ermächtigen jedoch die
Parteien, über verfassungsrechtliche Rechtspositionen zu
verfügen.
Beurteilt man Koalitionsabsprachen nach
Privatrecht, kommt man durchaus auch zu sinnvollen Ergebnissen: Auch das
Privatrecht kennt Absprachen, bei denen der Rechtsbindungswille fehlt, so
daß aus einer privatrechtlichen Natur der Koalitionsabsprache nicht
automatisch ihre gerichtliche Durchsetzbarkeit folgt; tatsächlich wird auch
bezüglich der Hauptregelungen der Vereinbarungen der Rechtsbindungswille
fehlen und lediglich eine politische Bindung gewollt
sein.[137] Unterstellt
man diese Absprachen dem Privatrecht, wird dies sogar noch besonders deutlich:
Da durch privatrechtliche Verträge von vornherein die Verfassungsrechtslage
nicht geändert werden kann, liegt besonders nahe, daß die Partner
einer Koalitionsabsprache eine verbindliche Regelung nicht treffen wollten, da
sie hiermit deutlich über das rechtlich Mögliche hinausgreifen
würden.[138]
Andererseits spricht nichts dagegen, bei koalitionsvertraglichen Nebenabsprachen
– wie etwa die Absprache der Herausgabe bestimmter Protokolle –
einen Rechtsbindungswillen und damit auch eine zivilgerichtliche
Durchsetzbarkeit anzunehmen.
Auch die verfassungsrechtliche Verankerung der
Parteien allein zwingt nicht dazu, die Parteien als mit verfassungsrechtlichen
Zuständigkeiten Beliehene anzusehen. Zweifelhaft kann dies vor allem in
Deutschland wegen der systematischen Stellung des Art. 21 GG
außerhalb des Grundrechtskatalogs im Bereich des Staatsorganisationsrechts
sein. Wie die Entstehungsgeschichte des Art. 21 GG zeigt, wurde diese
systematische Plazierung jedoch vor allem wegen des Zusammenhangs des
Parteienrechts mit dem Wahlrecht gewählt; die Vorschrift sollte vor allem
ein Mehrparteiensystem garantieren. Versteht man Art. 21 GG so, erscheint
es als unproblematisch, Art. 21 GG nicht als eine die allgemeine
Vereinigungsfreiheit des Art. 9 GG ausschließende Vorschrift zu
verstehen, sondern lediglich als eine Vorschrift, welche die
Vereinigungsfreiheit solcher Vereinigungen im Sinne des Art. 9 Abs. 1 GG,
welche (auch) Parteien im Sinne des Art. 21 GG sind, besonderen
Grundrechtsschranken unterwirft, welche teilweise strengere, teilweise weniger
strenge Anforderungen für staatliche Eingriffe in ihre Vereinigungsfreiheit
aufstellen.[139]
Schließlich ist auch nicht erforderlich,
die Parteien als mit Hoheitsrechten ausgestattete Körperschaften anzusehen,
um ihnen Privatrechtsfähigkeit zusprechen zu können. Hier stellt sich
vielmehr nur rechtspolitisch das Problem, ob das Privatrecht ihnen eine
angemessene Rechtsform zur Verfügung stellt. Insoweit kann sich ergeben,
daß das allgemeine Vereinsrecht den Besonderheiten der Parteien nicht
gerecht wird, weil es entweder von ihnen selbst traditionsbedingt nicht
akzeptiert wird oder das jeweilige Verfassungsrecht – wie Art. 21
Abs. 1 Satz 3 GG und sein Gebot innerparteilicher Demokratie – für
die innere Organisation der Parteien Anforderungen aufstellt, denen man sonstige
Vereine nicht unterwerfen will. Dann bietet es sich an, für die Parteien
eine besondere Rechtsform, eine juristische Person des Privatrechts sui generis,
zu schaffen und allen Personenvereinigungen, welche die insoweit aufzustellenden
gesetzlichen Tatbestandsmerkmale der politischen Partei erfüllen, diese
Rechtsform nach dem Prinzip der freien Körperschaftsbildung ohne staatliche
Registrierung, aber auch ohne Wahlmöglichkeit gleichsam
überzustülpen.
Dieses Ziel hat das österreichische
Parteiengesetz nur unvollkommen erreicht, indem es zur inneren Ordnung der
Parteien nur einige extrem rudimentäre Aussagen
macht[140] und den Erwerb
der Rechtsfähigkeit nicht an die Erfüllung materieller Kriterien,
sondern an die Hinterlegung der Parteisatzung knüpft. Dem kann sich eine
Partei auch entziehen – und die SPÖ, die ÖVP und die KPÖ
haben sich dem entzogen –, ohne daß die sich hieraus ergebenden
Rechtsfolgen geklärt
wären.[141]
Das deutsche
Parteiengesetz[142]
erreicht dieses Ziel schon eher: Es definiert in § 2 den Begriff der
Partei und umschreibt damit, auf welche Personenvereinigungen sich dieses Gesetz
bezieht. Alle Personenvereinigungen, die diese Tatbestandsmerkmale
erfüllen, sind damit ohne Wahlmöglichkeit Parteien im Sinne dieses
Gesetzes. Folge hiervon ist vor allem, daß sich diese
Personenvereinigungen den Vorschriften über die innere Ordnung der Parteien
der §§ 6 ff. ParteiG unterwerfen müssen, welche
erheblich von den Regeln des allgemeinen Vereinsrechts der §§ 21
ff. BGB abweichen. Unklar ist allerdings die Regelung über die
Rechtsfähigkeit der Parteien: Aus § 37 ParteiG, welcher implizit
auf die vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB verweist, wird nämlich
geschlossen, daß nicht in das Vereinsregister eingetragene Parteien
weiterhin nicht rechtsfähig und damit auch nicht vermögensfähig
sind.[143] Jedoch ordnet
§ 3 ParteiG entgegen § 50 Abs. 2 ZPO an, daß alle
Parteien unabhängig von ihrer Eintragung im Vereinsregister aktiv und
passiv prozeßfähig sind. Dem läßt sich entnehmen,
daß der Gesetzgeber im Prinzip alle Parteien unabhängig davon, ob sie
sich ins Vereinsregister eintragen lassen oder nicht, gleich behandeln wollte,
und hieraus in weiter Auslegung des § 3 ParteiG auch auf ihre
Rechtsfähigkeit
schließen.[144] Der
implizite Verweis auf das Vereinsrecht in § 37 ParteiG läßt
sich dann auch so verstehen, daß es auch Parteien möglich ist, sich
ins Vereinsregister eintragen zu lassen, um so Zweifel daran, ob sie
überhaupt eine Partei und damit nach § 3 ParteiG rechtsfähig
sind,[145] ausräumen
zu können, was vor allem für den Rechtsverkehr kleiner und eher
unbekannter Parteien von Bedeutung sein kann. Versteht man das Parteiengesetz
so, dann hat der Gesetzgeber hiermit eine neue Form der juristischen Person des
Privatrechts geschaffen, welche etwa neben der des eingetragenen Vereins, der
Aktiengesellschaft und der GmbH steht, jedoch von der gesellschaftsrechtlichen
Literatur noch nicht zur Kenntnis genommen worden
ist.[146]
Für die Auslegung des Art. 137 der
neuen Schweizer Bundesverfassung bedeutet dies alles wohl zunächst,
daß sich eine Rezeption der deutschen oder der österreichischen
Parteienrechtsdogmatik nicht anbietet. Sie ist vielfach nur historisch
erklärbar und rational nicht mehr begründbar. Art. 137 BV sollte
deshalb nicht als Anerkennung der Parteienstaatslehre verstanden werden, sondern
vielleicht eher als verfassungsrechtliche Festschreibung eines
Mehrparteiensystems. Die Parteien könnten dann weiterhin als
zivilrechtliche Personenvereinigungen angesehen werden, deren Tätigkeit
Art. 137 BV jedoch nunmehr unter einen besonderen Schutz stellt.
Grundsätzliches würde die Vorschrift dann an der Rechtsstellung der
Schweizer Parteien nicht ändern, sondern ihnen allenfalls so etwas wie
einen “verfassungsrechtlichen Orden” verleihen. Um
Mißverständnissen vorzubeugen, wäre es jedoch wohl sinnvoller
gewesen, die verfassungsrechtliche Anerkennung der Parteien nicht mit einer so
diffusen Formulierung beim Wahlrecht unterzubringen, sondern die
Parteigründungsfreiheit entweder in den allgemeinen Grundrechtsartikel
über die Vereinigungsfreiheit (Art. 23 BV) mit aufzunehmen oder
– was wohl näher liegt – einen gesonderten Grundrechtsartikel
über die Parteienfreiheit zu schaffen, vergleichbar mit dem, wie er in
Art. 28 BV für die Koalitionsfreiheit geschaffen wurde. Mit einem
solchen Grundrecht hätte sich ein besonderer Gesetzesvorbehalt zur Regelung
des Parteienrechts aufnehmen lassen.
Sofern dem Bundesgesetzgeber noch – wie in
Art. 127a Abs. 2 des Verfassungsentwurfs des Bundesrates ursprünglich
vorgesehen – eine Gesetzgebungskompetenz für das Parteienrecht
zugesprochen werden sollte, empfiehlt sich daher in Ausführung dieser
Kompetenz für die notwendige Klarheit zu sorgen. Dabei sollte darauf
geachtet werden, eine eindeutige Regelung in bezug auf die Rechtsfähigkeit
und die Rechtsnatur der Parteien zu erlassen. In Anlehnung an Art. 60 Abs.
1 ZGB könnte eine entsprechende Vorschrift etwa lauten: “Die
politische Partei ist eine privatrechtliche Personenvereinigung. Sie erhält
Rechtsfähigkeit, sobald der Wille, als politische Partei zu bestehen, aus
den Statuten erkennbar
wird.”[147]
Damit eine solche Regelung sinnvoll ist, müßte allerdings in dem
Parteiengesetz auch der Begriff der politischen Partei gesetzlich definiert
werden, um sie so von den nicht dem Parteiengesetz unterstehenden Idealvereinen
unterscheiden zu
können.[148]
--- F u ß n o t e n ---
[1] Oscar
Fritschi in der Sitzung des Nationalrats vom 21. Januar 1998 (Amtl. Bull.
Nationalrat 1998, 45); ähnlich Bruno Frick in der Sitzung des
Ständerats vom 9. März 1998 (Amtl. Bull. Ständerat 1998,
119).
[2] Siehe zum
Gang der Verfassungsreform und der Unterscheidung zwischen Nachführung
(Vorlage A), Reformpaket B (Reform der Volksrechte) und Reformpaket C
(Justizreform): Häfelin/Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht,
4. Aufl. 1998, Rn. 29 ff.
[4] Besonderer
Teil, Ziff. 222 zu Art. 127a.
[5] Siehe
hierzu auch Fn. 147.
[6] Vgl. zur
Rechtsstellung der Parteien in der Schweiz auch Art. 147 BV zur Beteiligung
der Parteien im Vernehmlassungsverfahren. Zu den Vorläufern dieser Regelung
siehe: Conrad, Die politischen Parteien im Verfassungssystem der Schweiz,
1970, S. 159 ff.; Paul, Zur staatsrechtlichen Stellung und
Funktion der Parteien in der Schweiz, 1974,
S. 169 ff.
[7] Einige
Kantonsverfassungen enthielten (und enthalten) allerdings bereits
Parteienartikel: Aargau: § 67; Basel-Landschaft:
§ 35; Jura: Art. 81; Solothurn:
Art. 38.
[8] Aubert,
Bundesstaatsrecht der Schweiz – Band II, Fassung von 1967 mit
neubearbeitetem Nachtrag bis 1994, 1995, Rn. 2135 ff.;
Häfelin/Haller (Fn. 2), Rn. 1336; J. P.
Müller, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, 2. Aufl.
1991, S. 176; Rhinow, Parteienstaatlichkeit – Krisensymptome
des demokratischen Verfassungsstaates, VVDStRL 44 (1986),
S. 94 f.
[9] BGE 96 I
219 (229) – Nöthiger; Aubert (Fn. 8), Rn. 2157;
Häfelin/Haller (Fn. 2), Rn. 1350.
[10] Hierzu
ausführlich Conrad (Fn. 6), S. 109 ff.;
Lachenal, Le Parti Politique, 1944,
S. 13 ff.
[11] Vgl.
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, § 8 II 5a,
S. 199 f.
[12] Breitenmoser/Uebersax,
Information, Medien und Demokratie – Die Rechtslage in der Schweiz, in:
Hofmann/Marko/Merli/Wiederin (Hrsg.), Information, Medien und Demokratie, 1997,
S. 329; Lachenal (Fn. 10),
S. 20 ff.
[13] Conrad
(Fn. 6), S. 149; Rhinow (Fn. 8), S. 95; anders
wohl Paul (Fn. 6), S. 25.
[14] Vom
16. Dezember 1943 (SR 173.110).
[15] Vgl.
BGE 97 I 24 (28) – Dumartheray; 99 Ia 658 (661) – Parti ouvrier et
poulaire vaudois; 104 Ia 360 (362) – Parti socialiste lausannois; 106 Ia
197 (198) – Weber; 111 Ia 115 (116) – Verein Basler Heimatschutz;
121 I 252 (255) – Alliance de gauche; 121 I 334 (337) – Grünes
Bündnis.
[16] Siehe
hierzu Häfelin/Haller (Fn. 2),
Rn. 1736c.
[17] Die
Rechtsstellung der Schweizer Parteien unter Geltung der Bundesverfassung von
1874 wurde teilweise nicht als ausreichend angesehen, um ihrer Bedeutung
für die Demokratie gerecht zu werden: Vgl. etwa Conrad (Fn. 6),
S. 186 ff.; Gruner, Die Parteien in der Schweiz, 2. Aufl. 1977,
S. 318 ff.; Häfelin/Haller (Fn. 2), Rn. 673;
Hug, Die verfassungsrechtliche Problematik der Parteienfinanzierung,
1970, S. 42; J. P. Müller (Fn. 8), S. 176;
Poledna/Kaufmann, Die parteiinterne Kandidatennomination – ein
demokratisches Defizit, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und
Verwaltungsrecht 90 (1989), S. 284 Fn. 17; G. Schmid,
Politische Parteien, Verfassung und Grundgesetz, 1981, S. 101 ff.;
Schürmann, Brauchen wir ein Parteiengesetz?, in: Reform des
eidgenössischen Wahlsystems und der Parteien, 1969, S. 103. Eher
ablehnend Rhinow (Fn. 8), S. 107 f.; Vasella, Die
Partei- und Fraktionsdisziplin als staatsrechtliches Problem, 1956,
S. 108.
[18] Vgl.
hierzu Gruner (Fn. 17), S. 317 ff.; Paul
(Fn. 6), S. 90 ff.; G. Schmid, (Fn. 17),
S. 97 ff.; Weigelt, Staatliche Parteienfinanzierung, 1988,
S. 5 f.
[19] Gesetz
über die Aufgaben, Finanzierung und Wahlwerbung politischer Parteien
(Parteiengesetz – ParteiG) vom 2. Juli 1975 (BGBl. 404/1975), zuletzt
geändert durch das 2. Budgetbegleitgesetz 1997 (BGBl. I Nr.
130/97).
[20] Vgl.
hierzu auch die Übereinstimmungen, die Tsatsos (Rechtsvergleichende
Ausblicke – Die Stellung der politischen Partei im Verfassungsgefüge,
in: Tsatsos/Schefold/Schneider [Hrsg.], Parteienrecht im europäischen
Vergleich, 1990, S. 777 ff.) auf westeuropäischer Ebene
bezüglich des Status der Parteien festgestellt hat (der Status der Parteien
in Österreich und der Schweiz wird hier allerdings nicht
untersucht).
[21] Dies
betrifft nahezu alle der hier zitierten Monographien.
[22] Vgl.
für Deutschland: § 2 des Gesetzes über die
politischen Parteien vom 24. Juli 1967 (BGBl. I 773), zuletzt geändert
durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 17. Februar
1999 (BGBl. I 146); für Österreich: Berchtold, Das
Parteiengesetz – ein Überblick, Österreichisches
Verwaltungsarchiv 11 (1976), S. 34; Koja, Allgemeine Staatslehre,
1993, S. 235 ff.; Kostelka, Politische Parteien in der
österreichischen Rechtsordnung, in:
Martinek/Migsch/Ringhofer/Schwarz/Schwimann (Hrsg.), Arbeitsrecht und Soziale
Grundrechte – Festschrift Hans Floretta, 1983, S. 40 und S. 58;
Schambeck, Politische Parteien und österreichische
Staatsrechtsordnung, in: Mayer (Hrsg.), Staatsrecht in Theorie und Praxis
– Festschrift Robert Walter, 1991, S. 613 f. (rechtlich wird in
Österreich allerdings zwischen den Parteien i. S. d. Parteiengesetzes
und den sog. Wahlparteien i. S. der Wahlgesetze unterschieden, was jedoch
nicht ausschließt, daß dieselbe Organisation beide Parteibegriffe
erfüllt, wobei dann von politischer Partei i. e. S. gesprochen wird);
für die Schweiz: Conrad (Fn. 6), S. 109;
Gruner (Fn. 17), S. 12; Hug (Fn. 17),
S. 45 ff.; Paul (Fn. 6),
S. 52.
[23] Dieser
Kernbegriff entspricht auch dem Parteienbegriff in vielen anderen Ländern
Europas, vgl. Tsatsos (Fn. 20),
S. 763 ff.
[24] Vom
31. Mai 1869 (BGBl. 145) und 25. Juni 1873 (RGBl. 161).
[25] Zu
dieser Bestimmung siehe Stein, Parteiverbote in der Weimarer Republik,
1999, S. 37 ff. m. w. N.
[26] Gesetz
gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie (RGBl.
351).
[27] Stein
(Fn. 25), S. 40 ff.
[28] Pfizner,
Das Reichstagswahlgesetz, AöR 7 (1892), S. 519 ff. und
S. 538.
[29] Gusy,
Die Lehre vom Parteienstaat in der Weimarer Republik, 1993,
S. 15 f.
[31] Siehe
hierzu: Kögler, Arbeiterbewegung und Vereinsrecht,
1974.
[32] K.
Schmidt (Fn. 11), § 8 II 5 b und c,
S. 201 ff.
[33] Gusy
(Fn. 29), S. 34 ff.; Stein (Fn. 25),
S. 48 ff.
[34] Vgl.
hierzu: Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reiches, 14. Aufl.
1933 (Nachdruck 1960), Art. 124 Anm. 2 f.; Delius,
Art. 123 und 124 – Versammlungs- und Vereinsrecht, in: Nipperdey
(Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung – Zweiter
Band, 1930, S. 140 ff., 157 ff.; Waldecker, Vereins- und
Versammlungsfreiheit, in: Anschütz/Thoma (Hrsg.), Handbuch des deutschen
Staatsrechts – Band II, 1932, S. 649 ff. Weitere Nachweise bei
Stein (Fn. 25), S. 75 ff.
[35] Wittmayer,
Die Weimarer Reichsverfassung, 1922, S. 64 ff.
[36] Zu dem
Streit um und die Bedeutung von Parteiverboten in der Weimarer Republik:
Gusy (Fn. 29), S. 37 ff.; Stein (Fn. 25),
S. 51 ff.
[37] Vertreter
der Parteienstaatslehre waren etwa van Calker (Wesen und Sinn der
politischen Parteien, 2. Aufl. 1930), Koellreuter (Die politischen
Parteien im modernen Staate, 1926; Der Deutsche Staat als Bundesstaat und als
Parteienstaat, 1927), Radbruch (Die politischen Parteien im System des
Deutschen Verfassungsrechts, in: Anschütz/Thoma [Hrsg.], Handbuch des
Deutschen Staatsrechts – Band I, 1930, S. 290; siehe hierzu
Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland – Band I, 2.
Aufl. 1984, § 13 II 3, S. 437 Fn. 30), Thoma (Der
Begriff der modernen Demokratie in seinem Verhältnis zum Staatsbegriff, in:
Hauptprobleme der Soziologie – Erinnerungsgabe an Max Weber – II.
Band, 1923, S. 60 ff.; Das Reich als Demokratie, in:
Anschütz/Thoma [Fn. 37], S. 190). Zu den anderen zur Zeit der
Weimarer Republik vertretenen Auffassungen zur Stellung der Parteien siehe
Gusy (Fn. 29), S. 73 ff.
[38] Siehe
hierzu auch Gusy (Fn. 29),
S. 63 ff.
[39] Siehe
hierzu auch Gusy (Fn. 29),
S. 46 ff.
[40] Vgl.
StHG, in: RGZ 121 Anh. 8 (11); 124, Anh. 40 (47); 133, Anh. 29
(37).
[41] StGH,
in: RGZ 130, Anh. 3 (9).
[42] Vgl.
StGH, in: RGZ 124, Anh. 40 (46 f.); 133, Anh. 15
(24).
[43] StGH,
in: RGZ 118, Anh. 22 (29 f.); 120, Anh. 19 (23); 121, Anh. 8 (10 f.);
123, Anh. 1 (3); 124, Anh. 1 (6); 128, Anh. 1 (6); 130, Anh. 11 (15 f.);
132, Anh. 1 (9).
[44] Vgl.
StGH, in: RGZ 124, Anh. 40 (46 f.); 133, Anh. 15
(24).
[45] Friesenhahn,
Die Staatsgerichtsbarkeit, in: Anschütz/Thoma (Fn. 34), S. 537;
Hartmann, Die Parteifähigkeit der politischen Parteien und
Fraktionen in Verfassungsstreitigkeiten vor dem Staatsgerichtshof, 1932,
S. 24.
[46] Zur
vergleichbaren Problematik der Auswirkungen eines Parteiverbots für die
Rechtsstellung der für diese Partei gewählten Abgeordneten nach der
Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs zum Schutz der Republik siehe Gusy
(Fn. 29), S. 40 ff.; Stein (Fn. 25),
S. 122 ff.
[47] Leibholz,
Das Wesen der Repräsentation, 1929,
S. 118 ff.
[48] Morstein
Marx, Rechtswirklichkeit und freies Mandat, AöR 50 (1926),
S. 439 ff.
[49] Vgl.
etwa Anschütz (Fn. 34), Art. 21 Anm. 3, insb. Fn. 2 m. w.
N.
[50] Radbruch
(Fn. 37), S. 293.
[51] Liermann,
Über die rechtliche Natur der Vereinbarungen politischer Parteien
untereinander, AöR 50 (1926), S. 401 ff.
[52] Radbruch
(Fn. 37), S. 294. Vgl. auch Triepel, Die Staatsverfassung und
die politischen Parteien, 1928, S. 21 ff.
[53] Vom
14. Juli 1933 (RGBl. I 429).
[54] Vom 1.
Dezember 1933 (RGBl. I 1016).
[55] RGZ
160, 193 (198 ff.); vgl. hierzu auch RGZ 167, 391. Der Oberste Gerichtshof
für die Britische Zone bezeichnete diese Rechtsprechung als einen besonders
krassen Fall des Einbruchs nationalsozialistischer Gedanken in das Gefüge
des Rechts und des Rechtsstaates (OGHZ 4, 121 [126]). Zur ähnlichen
Problematik in der DDR siehe BGH, NJW 1999, 1475 (1478).
[56] RAGE
18, 165 (169 ff.).
[57] Frotscher/Pieroth,
Verfassungsgeschichte, 1997, Rn. 623.
[58] Huber,
Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 2. Aufl. 1939,
S. 297 ff.; siehe hierzu auch Lachenal (Fn. 10),
S. 246 ff.
[59] Die
Entwicklung der Staatspartei in der DDR als Partei der Arbeiterklasse zur
Verwirklichung marxistisch-leninistischer Politik (Art. 1 Satz 2 DDR-Verf.
1974 – hierzu BGH, NJW 1999, 1475 [1478]) hat keinen Berührungspunkt
mit der Entwicklung in Westdeutschland, die auch nach der Wiedervereinigung
fortgesetzt worden ist (vgl. BVerfGE 84, 290 [298]).
[60] Zu der
mit diesen Regelungen verfolgten Absicht, ein Mehrparteiensystem zu garantieren,
vgl. die Quellenzitate bei: Deutscher Bundestag und Bundesarchiv (Hrsg.), Der
Parlamentarische Rat 1948 - 1949: Akten und Protokolle – Band 2 –
Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee (bearb. von Peter Bucher),
1981, S. 208 f., 280 f., 311 f., 354 f., 387, 523,
536 f., 616.
[61] Siehe
hierzu die Quellenzitate bei: Deutscher Bundestag und Bundesarchiv (Hrsg.), Der
Parlamentarische Rat 1948 – 1949: Akten und Protokolle – Band 9
– Plenum (bearb. von Wolfram Werner), 1996, S. 39 f.,
72 f., 123 f., 462 f., 523, und bei: Deutscher Bundestag und
Bundesarchiv (Hrsg.), Der Parlamentarische Rat 1948 – 1949: Akten und
Protokolle – Band 5/I und II – Ausschuß für
Grundsatzfragen (bearb. von Eberhard Pikart und Wolfram Werner),
1993, S. 306 f., 339, 536, 552; ferner (zu den in dieser Reihe noch
nicht veröffentlichten Protokollen des Organisationsausschusses und des
Redaktionsausschusses): Matz, in: Dömming/Füsslein/Matz, Die
Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes, JöR n. F. 1 (1951),
S. 202 ff.
[62] BVerfGE
1, 208 (225).
[63] Vgl.
zu dem Einfluß Leibholz‘ auf die Rechtsprechung des BVerfG
zum Parteienrecht: Grimm, Politische Parteien, in: Benda/Maihofer/Vogel
(Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl. 1995, § 14
Rn. 24 ff.; Henke, in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz,
Art. 21 Rn. 57 ff. (Bearbeitung 1991); J. Ipsen, in: Sachs
(Hrsg.), Grundgesetz – Kommentar, 2. Aufl. 1999, Art. 21 Rn. 50 (insb. Fn.
116); Kunig, Parteien, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des
Staatsrechts – Band II, 1987, § 33
Rn. 3.
[64] Verfassungsrechtlich
garantiert wurde die Verfassungsbeschwerde erst durch das 19. Gesetz zur
Änderung des Grundgesetzes vom 29. Januar 1969 (BGBl. I
97).
[65] BVerfGE
1, 226 ff. – für Organstreitigkeit nach schleswig-holsteinischen
Verfassungsrecht; 4, 27 (30) – für Bundesorganstreit. Anders noch
BVerfGE 3, 19 (22 f.).
[66] Vgl.
BVerfGE 84, 290 (298); 85, 264 (284).
[67] BVerfGE
7, 99 (103); 14, 121 (129); 67, 149 (151).
[68] BVerfGE
84, 290 (299).
[69] Ein
Rechtsprechungswandel wird dementsprechend gefordert z. B. von Henke
(Fn. 63), Art. 21 Rn. 254; J.
Ipsen (Fn. 63), Art. 21 Rn. 49 ff.; Kunig
(Fn. 63), Rn. 84; Mauersberger, Die
Freiheit der Parteien, 1994, S. 144 ff.; zweifelnd auch Stern
(Fn. 37), § 13 IV 5 c, S. 465 f.
[70] BVerfGE
25, 69 (78); Bleckmann, Staatsrecht I – Staatsorganisationsrecht,
1993, Rn. 1696; Kunig (Fn. 63), Rn. 60; Maurer, Die
Rechtsstellung der politischen Parteien, JuS 1991,
S. 883.
[71] Mauersberger
(Fn. 69), 1994, S. 72; W. Schmidt, Politische Parteien und
andere Vereinigungen, NJW 1984, S. 766.
[73] BVerfGE
20, 56 (96 ff.).
[74] BVerfGE
20, 56 (113 ff.).
[75] BVerfGE
24, 300 (335 ff.); 73, 40 (95 ff.).
[76] BVerfGE
85, 264 (285 ff.). Siehe hierzu und zur Entwicklung der Rechtsprechung zur
Parteienfinanzierung im allgemeinen: Bleckmann (Fn. 70),
Rn. 367 ff. und Rn. 1703 ff.; Grimm (Fn. 63),
§ 14 Rn. 48 ff.
[77] Siehe
hierzu auch Schefold, Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich
– Rechtsvergleichende Auswertung –, in: Tsatsos (Hrsg.),
Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich, S. 489 f. und
S. 552 f., welcher bei einem Vergleich der Parteienfinanzierungspraxis
in verschiedenen europäischen Ländern einen gewissen Zusammenhang
zwischen der Ablehnung verfassungsrechtlicher Inkorporierung und Skepsis
gegenüber unmittelbarer staatlicher Parteienfinanzierung
sieht.
[78] BVerfGE
2, 1 (72 f.).
[79] Siehe
hierzu Henke (Fn. 63), Art. 21 Rn. 104 ff. m. w.
N.
[80] Siehe
hierzu Henke (Fn. 63), Art. 21 Rn. 96 ff. m. w.
N.
[81] BVerfGE
2, 1 (73 f.); 5, 85 (392). Siehe hierzu Henke (Fn. 63),
Art. 21 Rn. 106 ff. m. w. N. Gerade anders der Staatsgerichtshof
zum Schutz der Republik, siehe hierzu Fn. 46.
[82] BGHZ
29, 187 (190 ff.). Für die Nebenabrede bedeutete dies nach Ansicht des
BGH, daß sie als Annex zur eigentlichen Koalitionsabsprache ihre
Rechtsnatur grundsätzlich teile und damit öffentlich-rechtlicher Natur
sei, allerdings nicht verfassungsrechtlicher, sondern verwaltungsrechtlicher
Natur, da ihr jeder verfassungsrechtliche Gehalt abgehe. Diesbezüglich ist
der BGH heftig kritisiert worden, so etwa in den Anmerkungen zu dem genannten
Urteil von Pohl, MDR 1959, 825; Ule, JZ 1959, 501;
Wertenbruch, DÖV 1959, 506 f.
[83] Vgl.
Henke (Fn. 63), Art. 21 Rn. 149 ff.; Schenke,
in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 63 Rn. 21 ff.
(Bearbeitung 1977); Stern (Fn. 37), § 22 III 2 b,
S. 986. Der Bezug zur Parteienstaatslehre wird insoweit sehr deutlich bei
Sasse (Koalitionsvereinbarungen und Grundgesetz, JZ 1961, 723), auf den
die meisten späteren Untersuchungen zum Recht der Koalitionsabsprachen
verweisen, um die Anwendbarkeit des öffentlichen Rechts zu begründen,
vgl. z. B. Friauf, Zur Problematik des verfassungsrechtlichen Vertrages,
AöR 88 (1963), 257; Häberle, Die Koalitionsvereinbarungen im
Lichte des Verfassungsrechts, in: Häberle: Verfassung als öffentlicher
Prozeß, 3. Aufl. 1998, S. 627 ff.; Maiwald, Zum Wesen des
“verfassungsrechtlichen Vertrages” dargestellt am Beispiel der
zwischenparteilichen Koalitionsvereinbarung, 1963, S. 64 ff.; von
Münch, Rechtliche und politische Probleme von Koalitionsregierungen,
1993, S. 29 f.; Scheidle, Die staatsrechtlichen Wirkungen einer
Koalitionsvereinbarung bei der Bildung der Bundesregierung, 1965,
S. 40 ff.; Schüle, Koalitionsvereinbarungen im Lichte des
Verfassungsrechts, 1964, S. 35 ff.
[84] BVerfGE
20, 56 (101 ff., 111 ff.).
[85] Hesse,
Die verfassungsrechtliche Stellung der politischen Parteien im modernen Staat,
VVDStRL 17 (1959), S. 35 Fn. 66.
[86] Hesse
(Fn. 85), S. 32 f., S. 39 f.,
S. 45.
[87] Anders
soweit erkennbar nur Schneider, Die Institution der politischen Partei in
der Bundesrepublik Deutschland, in: Tsatsos/Schefold/Schneider (Fn. 20),
S. 186.
[89] Siehe
hierzu nur Henke (Fn. 63), Art. 21 Rn. 219; Maurer
(Fn. 70), S. 883.
[91] Siehe
hierzu BGHZ 43, 245; 79, 265.
[92] Siehe
hierzu BGHZ 73, 275; 75, 158; 106, 67.
[93] Hesse
(Fn. 85), S. 32 f.; Tsatsos/Morlok, Parteienrecht, 1982,
S. 53 ff. Siehe hierzu J. Ipsen (Fn. 63), Art. 21 Rn. 74
ff.
[94] BGHZ
101, 193 (203 f.). Siehe zu den verschiedenen Auffassungen zur Frage des
Aufnahmeanspruchs die Zusammenstellung bei Stoklossa, Der Zugang zu den
politischen Parteien im Spannungsfeld zwischen Vereinsautonomie und
Parteienstaat, 1989, S. 87 ff.
[95] Menger,
Zur verfassungsrechtlichen Stellung der deutschen politischen Parteien, AöR
78 (1952/53), S. 160 ff.
[96] Schambeck
(Fn. 22), S. 607.
[100] Siehe
hierzu: Schambeck, Die Entwicklung des österreichischen Wahlrechts,
JöR n. F. 21 (1973), S. 256 ff.
[101] Kelsen,
Vom Wesen und Wert der Demokratie, 2. Aufl. 1929, S. 19. Siehe hierzu auch
Schambeck, Die Stellung der politischen Parteien nach
österreichischem Verfassungsrecht, in: Wildemann (Hrsg.), Form und
Erfahrung – Ein Leben für die Demokratie – Zum 70. Geburtstag
von Ferdinand A. Hermes, 1976, S. 64; ders. (Fn. 22),
S. 604 f.
[102] So
wohl Kraus, Die politische Partei als Rechtssubjekt: Politische Partei
und Wahlpartei, JBl. 1929, 498.
[103] So
etwa Lenhoff, Die politische Partei als Rechtssubjekt, JBl. 1929,
251.
[104] Kelsen
(Fn. 101), S. 19. Siehe zum Bezug seiner
Aussagen insbesondere auch auf die Frage der Rechtsnatur der
österreichischen Parteien: Kraus
(Fn. 102), S. 493.
[105] Gegen
die Rechtsfähigkeit: OG Brünn, ZBl. 1929, Nr. 190, S. 562;
für Rechtsfähigkeit: LG Wien, ZBl. 1929, Nr. 336, S. 931 f.;
offengelassen von OGH Wien, ZBl. 1933, Nr. 362, S. 945 ff. (siehe aber
OGH Wien, ZBl. 1935, Nr. 225, S. 548).
[106] Siehe
hierzu StGBl. 1945 Nr. 1, 2 und 5; Kafka, Die verfassungsrechtliche
Stellung der politischen Parteien im modernen Staat, VVDStRL 17 (1959),
S. 66 ff.
[107] OGH
SZ 21, Nr. 24; seitdem ständige Rechtsprechung, vgl. OGH JBl. 1957, 101; SZ
50 Nr. 152; JBl. 1981, 212 ff.
[108] So
Koja, Die Rechtsfähigkeit der Wahlparteien und der politischen
Parteien, JBl. 1958, 497 f.
[109] So
Kafka (Fn. 106), S. 68.
[110] Anders
früher wohl nur Pollak, Über die Verantwortlichkeit der
Ausständischen in Österreich, ZBl. 1928,
S. 763 ff.
[111] Grundlegend
Ostheim, Zur Rechtsfähigkeit der politischen Parteien nach
bürgerlichem Recht, JBl. 1964, 538 ff.; ders., Zur
Rechtsfähigkeit von Verbänden im österreichischen
bürgerlichen Recht, 1967, S. 252 ff. So etwa auch Aicher,
in: Rummel (Hrsg.), Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch
– 1. Band, 1983, § 26 Rn. 2; Posch, in: Schwimann
(Hrsg.), Praxiskommentar zum ABGB – Band 1, 2. Aufl. 1997, § 26
Rn. 6, 35.
[112] OGH,
JBl. 1964, 522 ff.
[113] Kafka
(Fn. 106), S. 84 ff.
[114] Kelsen
(Fn. 104), S. 42 f.
[115] Siehe
hierzu etwa Kafka (Fn. 106), S. 64 f.; Pfeifer, Die
Gewissensfreiheit des Abgeordneten und der Parteienstaat, JBl. 1958,
438.
[116] Fn. 19.
Zur Entstehungsgeschichte, siehe Schaden, Parteien und Rechtsordnung, in:
Gerlich/Müller (Hrsg.), Zwischen Koalition und Konkurrenz –
Österreichs Parteien seit 1945, 1983,
S. 229 f.
[117] Aus
diesem Grund sieht Schäffer (Parteienstaatlichkeit –
Krisensymptome des demokratischen Verfassungsstaates, VVDStRL 44 [1989],
S. 52) in § 1 Parteiengesetz gerade keine Anerkennung der
Parteienstaatslehre.
[118] So
Raschauer, Die Rechtsstellung politischer Parteien, in: Pelinka/Plasser
(Hrsg.), Das österreichische Parteiensystem, 1988, S. 558;
Schaden (Fn. 116), S. 242; Schambeck (Fn. 101),
S. 68; ders. (Fn. 22), S. 610.
[119] Schambeck
(Fn. 101), S. 78.
[120] Siehe
hierzu etwa Schambeck (Fn. 101), S. 75 ff.; besonders zur
Problematik der fehlenden Möglichkeit eines Parteiverbots: VerfGH Slg.
9648/1983; Funk, Einführung in das österreichische
Verfassungsrecht, 9. Aufl. 1996, Rn. 444 f.; Kostelka
(Fn. 22), S. 48 ff.; Schäffer (Fn. 117),
S. 53 f.; Schambeck (Fn. 22),
S. 616 ff.
[121] OGH,
JBl. 1981, 212 (214 f.); zu dieser Frage ausführlich auch Schambeck
(Fn. 101), S. 73 ff.; s. a. Raschauer (Fn. 118),
S. 562.
[122] Vgl.
hierzu Rhinow, Disskussionsbeitrag, VVDStRL 44 (1986),
S. 160.
[123] Siehe
zum liberalen Geist des ZGB in bezug auf die Vereinsbildung:
Tuor/Schnyder/Schmid, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 11. Aufl. 1995,
S. 117 f. Zur Entwicklung der Vereinsfreiheit in der Schweiz im
Staats- und Zivilrecht: Hagemann, Zur Entwicklung der Vereinsfreiheit und
eines freiheitlichen Vereinsrechts in der Schweiz, in: Trappe (Hrsg.),
Politische und gesellschaftliche intermediäre Gewalten im sozialen
Rechtsstaat, 1990, S. 23 ff.
[124] In
diese Richtung gingen viele Diskussionsbeiträge bei der
Staatsrechtslehrertagung von 1985: VVDStRL 44 (1986), S. 119 f.
(Oppermann), S. 121 f. (Schlaich), S. 122 f.
(Pestalozza), S. 130 f. (Meyer).
[125] Lachenal
(Fn. 12), S. 69.
[126] HbgVerfG,
NVwZ 1993, 1083 (1087).
[127] Vgl.
etwa Arndt, Ungültigkeitserklärung der Wahl zur Hamburgischen
Bürgerschaft, NVwZ 1993, 1066; die Anmerkung von Karpen, DVBl. 1993,
1077 (der allerdings annimmt, daß dieses Urteil die Parteien näher an
den Staat heranrückt); Kuhl/Unruh, Materielles
Wahlprüfungsrecht und Kandidatenaufstellung, DVBl. 1994, 1393; die
Entscheidungsbesprechung von Sachs, JuS 1994, 345.
[128] BVerfGE
89, 243 (253 f.). Der Leitsatz Nr. 1 deutet allerdings in eine andere
Richtung.
[129] So
– für die Schweiz – auch Poledna/Kaufmann (Fn. 17),
S 285. Vgl. auch Kühner, Kandidatenaufstellung und Wahlprüfung
in Österreich, in: Wolfrum/Schuster [Hrsg.], Verfahren der
Kandidatenaufstellung und der Wahlprüfung im europäischen Vergleich,
1994, S. 183, der eine Überprüfung der parteiinternen
Kandidatenaufstellung im Wahlprüfungsverfahren in Österreich nur
deshalb ausschließt, weil insoweit keine gesetzlichen Regelungen bestehen,
was der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit solcher Regelungen aber nicht
entgegensteht.
[130] So
auch J. Ipsen (Fn. 63), Art. 21 Rn. 13.
[131] Sendler,
Abhängigkeiten des unabhängigen Abgeordneten, NJW 1985,
1429.
[132] Deshalb
kann fraglich sein, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, die
Anerkennung einer Fraktion daran zu knüpfen, daß die Abgeordneten,
welche die Fraktion bilden wollen, derselben Partei angehören (vgl. etwa
§ 10 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
i. d. F. der Bekanntmachung vom 2. Juli 1980 [BGBl. I 1237]), oder ob nicht
vielmehr allgemein darauf abgestellt werden muß, daß die
Abgeordneten einer Fraktion gemeinsame politische Ziele verfolgen, wofür
die Zugehörigkeit zu derselben Partei ein Indiz sein mag, aber nicht
notwendig ist (selbstverständlich wären auch bei einer solchen
Regelung Doppelmitgliedschaften ausgeschlossen).
[133] So
etwa für Deutschland: BVerfGE 20, 56 (104); 84, 304 (324); BayVerfGH,
BayVBl. 1976, 434; Henke (Fn. 63), Art. 21 Rn. 123 (m.
Nachw. zur Gegenmeinung); für die Schweiz: G. Schmid (Fn. 17),
S. 95; a. A. wohl Lachenal (Fn. 10), S. 117 ff.;
Paul (Fn. 6), S. 61 ff.
[134] Koalitionsvereinbarungen
sind in der Schweiz aufgrund des besonderen Regierungssystems i. V. m. dem
System der Konkordanzdemokratie nahezu unbekannt, vgl. hierzu: Gruner
(Fn. 17), S. 316 f.; Lachenal (Fn. 10),
S. 159 ff.; Paul (Fn. 6),
S. 213 ff.
[135] Wie
hier: Henke, Das Recht der politischen Parteien, 1. Aufl. 1964,
S. 119 ff. (etwas zurückhaltender in der 2. Aufl. 1972,
S. 158); Marcic, Die Koalitionsdemokratie, 1966,
S. 36 f.
[136] Vgl.
etwa: Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz –
Kommentar, 5. Aufl. 1998, § 54 Rn. 66.
[137] Siehe
hierzu nur Henke (Fn. 63), Art. 21 Rn. 149 ff.;
Schenke (Fn. 83), Art. 63
Rn. 21 ff.
[138] Damit
ist etwa die Klausel in der Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD und
Bündnis 90/ Die Grünen vom 20. Oktober 1998 über die
Kooperation der Parteien im Bundestag, nach der die Koalitionsfraktionen im
Bundestag einheitlich abstimmen sollen, rechtlich unbedenklich, da hierdurch von
vornherein eine Rechtsbindung der Abgeordneten – als an der
Koalitionsvereinbarung nicht beteiligte Dritte – nicht erreicht werden
kann und damit auch nicht anzunehmen ist, daß die Koalitionspartner eine
solche Rechtsbindung erreichen wollten. A. A. Stern in der 565. Sendung
von Panorama, ausgestrahlt von der ARD am 29. Oktober 1998, nach dem auch
politische Absichtserklärungen das Verfassungsrecht einhalten
müßten und hier ein Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG
vorliege (zit. nach http://www.ndrtv.de/pam/
panorama/archiv/981029.html).
[139] In
diese Richtung auch Mauersberger (Fn. 69), S. 74 f.,
S. 88 ff.; Morlok , in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz –
Kommentar: Band II, 1998, Art. 21 Rn. 50.
[140] Siehe
hierzu Berchtold (Fn. 22),
S. 35 f.; Kostelka (Fn. 22), S. 42 ff.;
Raschauer (Fn. 118), S. 559 ff.
[141] Siehe
hierzu: OGH, SZ 63/216; Aicher (Fn. 111), § 26 Rn. 7;
Posch (Fn. 111), § 26 Rn. 15; Schambeck
(Fn. 101), S. 74 ff.
[142] Siehe
hierzu Fn. 22.
[143] Vgl.
BGHZ 43, 316 (319).
[144] Wie
hier Schneider (Fn. 87), S. 186. Nach dieser Auslegung gilt
für die Parteien allerdings der Grundsatz der freien
Körperschaftsbildung, welcher der deutschen Rechtsordnung aus Gründen
des Verkehrsschutzes sonst fremd ist (vgl. K. Schmidt [Fn. 11],
§ 8 II 5 c, S. 201 f.). Dies erscheint jedoch als
unbedenklich, da der Unterschied zwischen einer juristischen Person und einer
“körperschaftlich strukturierten Gesamthandsgesellschaft, welche im
eigenen Namen klagen und verklagt werden kann” (K. Schmidt
[Fn. 11], § 25 II 1, S. 745 ff.), minimal
ist.
[145] Vgl.
zu einem solchen Fall etwa BVerfGE 91, 276 ff.
[146] So
auch Grupp, Der Status der politischen Parteien in Deutschland, Revue
d’Allemagne et des Pays de Langue allemande, 1994, S. 261. Siehe aber
auch LAG Köln, NZA 1999, 102 (104 f.), welches bei der Klärung
der Frage, ob die SPD mit ihren Untergliederungen insgesamt ein Unternehmen oder
einen Konzern im Sinne des Betriebsverfassungsrechts bildet, die politischen
Parteien durchaus als Sonderform des Gesellschaftsrechts
anerkennt.
[147] Selbst
wenn für den Bund keine ausdrückliche Gesetzgebungskompetenz für
das Parteienrecht geschaffen wird, müßte der Erlaß einer
solchen klarstellenden Regelung nach der hier vertretenenen Auffassung
gestützt auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Zivilrecht nach
Art. 122 Abs. 1 BV möglich sein: Sieht man die Parteien als
juristische Personen des Privatrechts an, so kann die Regelung ihrer
Rechtsfähigkeit (und auch ihrer inneren Ordnung) nur dem Zivilrecht
angehören. Nicht auf die Gesetzgebungskompetenz “Zivilrecht”
lassen sich demgegenüber Regelungen etwa über die Parteienfinanzierung
stützen. Man müßte dementsprechend bei Fehlen einer
ausdrücklichen Gesetzgebungskompetenz für das Parteienrecht zwischen
öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Parteienrecht
differenzieren.
[148] In
diese Richtung bereits Lachenal (Fn. 10), S. 221 f.; G.
Schmid (Fn. 17), S. 109 f.
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