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URECHT Web-Dok. 16/1999
Markus Junker
Urheberrecht in Frankreich
- Überblick [Stand: 01.06.1998] -
INHALT:
A. Der Schutz geistigen Eigentums in Frankreich
B. Gegenstand des Urheberrechts
I. Natur des Urheberrechts
II. Geschützte Werke
III. Inhaber des Urheberrechts
C. Rechte der Urheber
I. Urheberpersönlichkeitsrechte
II. Verwertungsrechte
III. Schutzdauer
D. Urhebervertragsrecht
E. Verwandte Schutzrechte
Anhang: Literatur
A. Der Schutz geistigen Eigentums in Frankreich
Der französische Gesetzgeber hat mit dem Gesetz Nr. 92-597 vom
1. Juli 1992 das Recht des geistigen Eigentums (propriété
intellectuelle) in einem einheitlichen Gesetzbuch zusammengefaßt,
durchgehend neu numeriert und als Code de la propriété
intellectuelle (CPI) neu bekannt gemacht (J.O.
v. 3.7.1992, S. 8801ff.). Die Vorschriften dieses gesetzlichen Teils (partie
législative) werden mit "Art. L ...", die (untergesetzlichen)
Ausführungsbestimmungen (partie
réglementaire) mit "Art. R ..." eingeleitet. |
Der CPI besteht aus drei Teilen (parties) bzw. acht Büchern
(livres): Der erste Teil des CPI (1. bis 3. Buch) regelt das Urheberrecht
einschließlich der verwandten Schutzrechte (la propriété
littéraire et artistique), der zweite Teil (4. bis 7.Buch) die
gewerblichen Schutzrechte (la propriété industrielle);
in einem dritten Teil (8. Buch) sind gemeinsame Vorschriften normiert,
welche die Anwendbarkeit des CPI betreffen. Die einzelnen Bücher sind
weiter untergliedert in Titel (titres), Kapitel (chapitres),
z.T. auch Abschnitte (sections) und Paragraphen (paragraphes)
und schließlich Artikel (arcticles). |
Nicht Gegenstand der weiteren Ausführungen ist der zweite Teil,
also der Gewerbliche Rechtsschutz. Dieser Teil wird eingeleitet mit dem
4. Buch, in dem die Organisation der Verwaltung und der Berufsstände, insbesondere
des Nationalen Instituts für gewerbliches Eigentum (Institut
national de la propriété industrielle) geregelt ist.
In den Büchern 5 bis 7 sind die einzelnen Sachgebiete des Gewerblichen Rechtsschutzes
zu finden. Dazu gehören das im
5. Buch geregelte Recht von Mustern und Modellen (droit des dessins
et des modèles), der im 6. Buch geregelte Schutz von Erfindungen
und technischen Wissens, z.B. das Patentrecht (droit des brevets),
sowie das im 7. Buch geregelte Markenrecht (droit
des marques). |
Der erste Teil regelt in einem ersten Buch das Urheberrecht (le
droit d'auteur) und in einem zweiten Buch die verwandten Schutzrechte
(les droits voisins); in einem dritten Buch sind allgemeine Bestimmungen
enthalten. |
Überblick:
Code de la propriété intellectuelle (Gesetzbuch des geistigen
Eigentums):
Art. L: Partie Législative (Legislativer Teil)
Première Partie: La propriété littéraire
et artistique (Das literarische und künstlerische Eigentum)
Livre I: Le droit d'auteur (Urheberrecht)
Titre I: Objet du droit d'auteur (Gegenstand des Urheberrechts)
Chapitre I: Nature du droit d'auteur (Natur des Urheberrechts)
Chapitre II: Oeuvres protégées (Geschützte Werke)
Chapitre III: Titulaires du droit d'auteur (Inhaber des Urheberrechts)
Titre II: Droit des auteurs (Rechte der Urheber)
Chapitre I: Droits moraux (Urheberpersönlichkeitsrechte)
Chapitre II: Droits patrimoniaux (Verwertungsrechte)
Chapitre III: Durée de la protection (Schutzdauer)
Titre III: Exploitation des droits (Verwertung der Rechte)
Chapitre I: Dispositions générales (Allgemeine Bestimmungen)
Chapitre II: Dispositions particulières à certains contrats
(Besondere Bestimmungen für bestimmte Verträge)
Section 1: Contrat d'édition (Verlagsvertrag)
Section 2: Contrat de représentation (Darbietungsvertrag)
Section 3: Contrat de production audiovisuelle (Vertrag über audiovisuelle
Herstellung)
Section 4: Contrat de commande pour la publicité (Vertrag über
ein Auftragswerk für die Werbung)
Section 5: Contrat de nantissement du droit d'exploitation des logiciels
(Vertrag über die Verpfändung des Verwertungsrechts von Computerprogrammen)
Livre II: Les droits voisins du droit d'auteur (Verwandte Schutzrechte)
Titre unique (Einziger Titel)
Chapitre I: Dispositions générales (Allgemeine Bestimmungen)
Chapitre II: Droits des artistes-interprètes (Rechte der ausübenden
Künstler)
Chapitre III: Droits des producteurs de phonogrammes (Rechte der Tonträgerhersteller)
Chapitre IV: Dispositions communes aux artistes-interprètes
et aux producteurs de phonogrammes (Gemeinsame Bestimmungen für ausübende
Künstler und Tonträgerhersteller)
Chapitre V: Droits des producteurs de vidéogrammes (Rechte der
Hersteller von Bildtonträgern)
Chapitre VI: Droits des entreprises de communication audiovisuelle
(Rechte der Unternehmen der audiovisuellen Kommunikation)
Livre III: Dispositions générales (Allgemeine Bestimmungen)
Titre I: Rénumeration pour copie privée (Vergütung
für private Kopie)
Chapitre unique (Einziges Kapitel)
Titre II: Sociétés de perception et de répartition
des droits (Verwertungsgesellschaften)
Chapitre unique (Einziges Kapitel)
Titre III: Procédures et sanctions (Verfahren und Rechtsfolgen)
Chapitre I: Dispositions générales (Allgemeine Bestimmungen)
Chapitre II: Saisie-contrefaçon (Beschlagnahme)
Chapitre III: Saisie-arrêt (Beschlagnahme)
Chapitre IV: Droit de suite (Folgerecht)
Chapitre V: Dispositions pénales (Strafvorschriften)
|
B. Gegenstand
des Urheberrechts
I. Natur des Urheberrechts
Gemäß Art. L. 111-1 al. 1 genießt der Urheber eines
Geisteswerkes an diesem Werk allein aufgrund seiner Schöpfung ein
ausschließliches und immaterielles Eigentumsrecht (un droit de
propriété incorporelle exclusif et opposable à tous). |
Gemäß Art. L. 111-1 al. 2 umfaßt dieses Recht persönlichkeitsrechtliche
und vermögensrechtliche Elemente (des attributs d'ordre intellectuel
et moral ainsi que des attributs d'ordre patrimonial). Zwar gehören
sowohl das französische als auch das deutsche Recht dem kontinentaleuropäischen
Urheberrechtssystem an und kennen daher das (unübertragbare) Urheberpersönlichkeitsrecht
(vgl. § 11 UrhG). Im Unterschied zum
monistischen System des deutschen Rechts, bei dem beide Bestandteile untrennbar
miteinander verbunden sind und welches nur die Einräumung von Nutzungsrechten
gestattet, läßt das dualistische System des französischen
Rechts eine Übertragung des Vermögensrechts zu. |
Gemäß Art. L. 111-1 al. 3 beeinträchtigt das Bestehen
oder der Abschluß eines Werk- oder Dienstvertrages durch den Urheber
eines Geisteswerkes nicht den Genuß des in Absatz 1 zuerkannten Rechts.
Damit ist das Schöpferprinzip normiert. Im Unterschied zum angloamerikanischen
Copyright-System erwirbt ein Arbeitgeber somit nicht unmittelbar das Urheberrecht
an den Werken seines Arbeitnehmers. |
II. Geschützte Werke
III. Inhaber des Urheberrechts
Art. L. 113 regelt, wer Inhaber des Urheberrechts ist (titulaire
du droit d'auteur). Unproblematisch ist der Fall des Alleinurhebers.
Probleme treten allerdings auf, wenn eine Mehrzahl von Personen am Schöpfungsprozeß
beteiligt ist. Das französische Urheberrecht unterscheidet dabei drei
Fälle: gemäß Art. L. 113-2 Al. 1, L. 113-3 gemeinschaftlich
geschaffene Werke (oeuvres de collaboration), gemäß Art.
L. 113-2 Al. 2, L. 113-4 zusammengesetzte Werke (oeuvres composites)
und gemäß Art. L 113-2 Al. 3, L. 113-5 Kollektivwerke (oeuvres
collectives). Eine besondere Regelung besteht gemäß Art.
L. 113-7 für die Urheber audiovisueller Werke (oeuvres audiovisuelles)
und gemäß Art. L. 113-8 für die Urheber von Hörfunkwerken
(oevres radiophoniques). |
C. Rechte der Urheber
Das subjektive Urheberrecht hat wie im deutschen Recht zwei Komponenten:
das in Art. L. 121 geregelte Urheberpersönlichkeitsrecht (droit
moral) und das in Art. L. 122 geregelte Verwertungsrecht (droit
patrimonial). |
I. Urheberpersönlichkeitsrechte
Zu den Urheberpersönlichkeitsrechten (droits moraux) gehören
insbesondere das Recht auf Achtung des Namens (droit de respect de son
nom), das Recht auf Werkintegrität (droit au respect de l'oeuvre),
das Veröffentlichungsrecht (droit de divulgation) und das Rückrufsrecht
(droit de repentir ou de retrait). |
Gemäß Art. L. 121-1 hat der Urheber das Recht auf Achtung
seines Namens, seiner Urheberschaft und seines Werkes (vgl. §
13 UrhG). Dieses Recht ist an die Person des Urhebers gebunden (attaché
a sa personne), von unbegrenzter Dauer (perpétuel), unveräußerlich
(inaliénable) und unverjährbar (imprescriptible).
Wie im deutschen Recht, geht es mit dem Tod auf den Erben über (vgl.
§§ 28 ff. UrhG). |
Gemäß Art. L. 121-2 hat der Urheber allein das Recht, sein
Werk zu veröffentlichen (vgl. § 12 UrhG). In bezug auf die Veröffentlichung unterscheidet das französische
Urheberrecht zwischen "divulgation" und "publication". Während
man unter "divulgation" den Akt versteht, durch den das Werk nach
dem Willen des Urhebers zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht wird, setzt die "publication" voraus, daß das Werk
der Öffentlichkeit durch das Inverkehrbringen von Vervielfältigungsstücken
zugänglich gemacht wird. |
Gemäß Art. L. 121-4 hat der Urheber unbeschadet der Abtretung
seines Verwertungsrechts auch nach dem Erscheinen seines Werkes ein Rückrufs-
oder Rücktrittsrecht gegenüber dem Erwerber (vgl. § 41 und
§ 42 UrhG). |
II. Verwertungsrechte
Gemäß Art. L. 122-1 umfaßt das dem Urheber zustehende
Verwertungsrecht (droit d'exploitation) zwei Nutzungsrechte, nämlich
das in Art. L. 122-2 geregelte Darbietungsrecht (droit de répresentation)
und das in Art. L. 122-3 geregelte Vervielfältigungsrecht (droit
de reproduction). Zu den Nutzungsrechten zählt außerdem
das in Art. L. 334 geregelte Folgerecht (droit de suite). |
Gemäß Art. L. 122-2 besteht die Darbietung (répresentation)
in der Mitteilung des Werkes an die Öffentlichkeit durch irgendein
Verfahren. Als besondere Verfahrensart wird beispielsweise die Sendung
genannt (vgl. § 20 UrhG). |
Gemäß Art. L. 122-3 al. 1 besteht die Vervielfältigung
(reproduction) in der körperlichen Festlegung des Werkes durch
alle Verfahren, die seine Mitteilung an die Öffentlichkeit auf indirekte
Weise erlauben (vgl. § 16 UrhG). |
Gemäß Art. L. 122-4 ist jede vollständige oder teilweise
Darbietung oder Vervielfältigung ohne die Zustimmung des Urhebers
oder seiner Rechtsnachfolger unzulässig. Damit wird der negative Inhalt
des Ausschließlichkeitscharakters des Urheberrechts umschrieben. |
Art. L. 122-5 regelt einige Schranken der Verwertungsrechte. So kann
der Urheber beispielsweise unter dem Vorbehalt, daß der Name des
Urhebers und die Quelle deutlich angegeben sind, Analysen (analyses)
und kurze Zitate (courtes citations), die durch den kritischen,
polemischen, pädagogischen, wissenschaftlichen oder informatorischen
Charakter des Werkes gerechtfertigt sind, in das sie eingefügt sind,
nicht verbieten (vgl. § 51 und §
63 UrhG) |
Art. L. 122-6 und Art. L. 122-6-1 regeln das Verwertungsrecht des Urhebers
eines Computerprogrammes (le droit d'exploitation appartenant à
l'auteur d'un logiciel). Diese Vorschriften sind - wie die §§
69a ff. UrhG - im Zuge der Umsetzung der EG-Richtlinie über den
Schutz von Computerprogrammen in den CPI eingefügt worden. |
Hinsichtlich der Rechtsnachfolge ist - wie im deutschen Recht - zu
unterscheiden zwischen der Rechtsnachfolge von Todes wegen und der Rechtsnachfolge
unter Lebenden. Ebenfalls wie im deutschen Recht ist das Urheberpersönlichkeitsrecht
unter Lebenden nicht übertragbar. Gemäß Art. L. 122-7 al.
1 sind jedoch das Darbietungs- und das Vervielfältigungsrecht entgeltlich
oder unentgeltlich abtretbar (cessible). Das ist einer der wesentlichsten
Unterschiede zum deutschen Urheberrecht (vgl. §
29 S. 2 UrhG). |
III. Schutzdauer
Gemäß Art. L. 123-1 besteht das Urheberrecht grundsätzlich
70 Jahre post mortem auctoris. |
D. Urhebervertragsrecht
Während Art. L. 131 allgemeine Bestimmungen über die Verwertung
der Rechte enthält, sind in einem besonderen Teil Vorschriften für
bestimmte Verträge normiert. |
Besondere Vorschriften bestehen beispielsweise in Art. L. 132-1 - L.
132-17 für den Verlagsvertrag (contrat d’édition) -
entsprechend dem deutschen Verlagsgesetz. Während in Deutschland bei
Erlaß des UrhG im Jahre 1965 ein Gesetz über das Urhebervertragsrecht
geplant war, dieses jedoch nie erlassen wurde, regelt der CPI eine Reihe
weiterer Urheberrechtsverträge, so in Art. L. 132-18 - L. 132-22 den
Darbietungsvertrag (contrat de représentation), in Art. L.
132-23 - L. 132.30 den Vertrag über die audiovisuelle Produktion (contrat
de production audiovisuelle), in Art. L. 132-31 - L. 132-33 den Vertrag
über ein Auftragswerk für die Werbung (contrat de commande
pour la publicité) und in Art. L. 132-34 - den Vertrag über
die Verpfändung des Verwertungsrechts von Computerprogrammen (contrat
de nantissement du droit d'exploitation des logiciels). |
Zur Wahrnehmung der Rechte der Urheber gibt es in Frankreich gibt es
eine Vielzahl von Verwertungsgesellschaften (sociétés
de perception et de répartition des droits). Während im
deutschen Recht für diese Organisationen in Gestalt des Gesetzes über
die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten 1965 ein
eigenes Gesetz geschaffen wurde, hat der französische Gesetzgeber
das Recht der Verwertungsgesellschaften in den CPI integriert (Art. L.
321). |
E. Verwandte Schutzrechte
Die verwandten Schutzrechte (droits voisins) sind geregelt in
Art. L. 211 - L. 216 (vgl. §§ 70ff.
UrhG). Dazu gehören gemäß Art. L. 212 die Rechte der
ausübenden Künstler (droits des artistes-interprètes),
gemäß Art. L. 213 die Rechte der Hersteller von Tonträgern
(droits des producteurs de phonogrammes), gemäß Art.
L. 215 die Rechte der Hersteller von Bildtonträgern (droits des
producteurs de vidéogrammes) und gemäß Art. L. 216
die Rechte der Unternehmen der audiovisuellen Kommunikation (droits
des entreprises de communication audiovisuelle). |
Anhang: Literatur
- Französisches Recht allgemein:
Hübner, Ulrich / Constantinesco,Vlad
Einführung in das französische Recht
3. Aufl. 1994
- Französisches Urheberrecht:
Dreier, Thomas / Krasser, Rudolf
Das französische Gesetzbuch des geistigen Eigentums (Legislativer Teil)
1994
Katzenberger, Paul / Schricker, Gerhard u.a.
Quellen des Urheberrechts (Loseblattsammlung)
Frankreich [Stand: 34. Lieferung (Oktober 1995)]
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