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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 11. Zivilsenat, Urteil vom 29. August 1996 AZ 11 U 24/95
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Leitsatz:
Zur Frage, ob das von dem Einsatzleiter einer Freiwilligen Feuerwehr als
Feuerwehrübung deklarierte Training des Hantierens mit einer Feuerwehrleiter auf
Privatgelände beim
weihnachtlichen An- und Abschmücken einer 11 m hohen Fichte die Ausübung eines
öffentlichen Amtes darstellt.
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Sachverhalt:
Der Kl. nimmt die bekl. Stadt auf Schmerzensgeld und Schadensersatz aus Amtshaftung nach § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG in Anspruch, weil er am 18. 1. 1992 auf seinem Hausgrundstück beim Abschmücken einer weihnachtlich geschmückten, etwa elf Meter hohen Fichte von einer Feuerwehrleiter gefallen war, die ihm der Ortswehrführer der Freiwilligen Feuerwehr der bekl. Stadt zur Verfügung gestellt hatte und die Feuerwehrmänner der Freiwilligen Feuerwehr sicherten.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat die Amtshaftung bereits daran scheitern lassen, daß der Ortswehrführer und die anderen fünf Feuerwehrleute bei ihrer Hilfeleistung für den Kl. nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelten. Die Berufung blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen:
Der in Rede stehende Feuerwehreinsatz am 18. 1. 1992 diente weder der Brandbekämpfung noch der Brandverhütung noch der Gefahrenabwehr im allerweitesten Sinne (Bergung einer kleinen hilflosen Katze von einem Baum).
Das LG nimmt zu Recht in Abrede, daß der Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr der bekl. Stadt im Streitfall eine Feuerwehrübung darstellte. Es bezweifelt zutreffend, daß der Ortswehrführer eine Feuerwehrübung angesetzt hatte. Denn in seinem ersten Unfallbericht hatte der Ortswehrführer von einer Feuerwehrübung nicht berichtet. Dort heißt es, daß zwischen der Polizei und der Freiwilligen Feuerwehr 'kameradschaftliche Beziehungen' bestehen, und daß, 'da der Kl. mit seinem Vater allein die Leiter nicht hantieren konnte, vier Feuerwehrkameraden aufgrund der kameradschaftlichen Beziehung ihm geholfen hatten, die Leiter aufzubauen und zu sichern'. Auch der Kl. selbst hatte bei seiner Anhörung vor der Polizei von einer Feuerwehrübung nichts gesagt. Von einer Feuerwehrübung zum Training des Hantierens mit einer Feuerwehrleiter berichtete der Ortswehrführer erstmals in einer anwaltlichen Schutzschrift, nachdem kurz zuvor die Staatsanwaltschaft gegen ihn Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue im Hinblick auf den ungenehmigten Einsatz der Feuerwehrleiter und deren Beschädigung aufgenommen hatte. Zudem hatte der Ortswehrführer, wie die Bekl. vor dem Senat unwidersprochen angegeben hat, die Feuerwehreinsätze im Dezember 1991 und im Januar 1992 in den Feuerwehrakten nicht und insbesondere nicht als Feuerwehrübung aktenkundig gemacht. Bezeichnenderweise hat der Kl. bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat angegeben, der Ortswehrführer habe auf seine Nachfrage, ob die Freiwillige Feuerwehr ihm eine geeignete Leiter zur Verfügung stellen könne, sinngemäß geantwortet: 'Das macht keine Schwierigkeiten. Das deklarieren wir als Feuerwehrübung.' Unter solchen Umständen läßt sich allenfalls sagen, daß der Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr 'unter dem Deckmantel einer Feuerwehrübung' geschah.
Aber auch wenn der Ortswehrführer im Dezember 1991 wirklich eine Feuerwehrübung angesetzt haben sollte, ergibt sich aus dem Vorbringen des Kl. substanziert nicht, daß dies auch im Januar 1992 der Fall war. Einen Vortrag der Kl. dahin, daß der Ortswehrführer etwa geäußert hatte, die Feuerwehrübung zum Training des Hantierens einer Feuerwehrleiter im Dezember 1991 beim Schmücken des Weihnachtsbaumes sei nicht ausreichend gewesen, sie müsse im Januar 1992 beim Abschmücken des Weihnachtsbaumes wiederholt werden, gibt es nicht. Daß es zudem rechtlich bedenklich ist, das Hantieren mit der Feuerwehrleiter stets auf dem Grundstück des Kl. beim An- und Abschmücken des Weihnachtsbaumes zu üben, bedarf keiner Begründung. Die Bekl. hat im Termin vor dem Senat unwidersprochen vorgebracht, daß sie dem Ortswehrführer bei entsprechender Nachfrage einen solchen Einsatz verboten hätte. Dem Kl. muß als erfahrenem Polizeibeamten bewußt gewesen sein, daß die in seinem Privatinteresse liegende
'Feuerwehrübung' eine eindeutige Amtspflichtverletzung durch den Ortswehrführer gegenüber der Freiwilligen Feuerwehr bedeutet. Wenn im Zuge dieser vom Kl. gewollten Amtspflichtverletzung er geschädigt wird, kann er nach Treu und Glauben gem. nicht geltend machen, innerhalb der von ihm gewollten und veranlaßten Amtspflichtverletzung seien ihm gegenüber bestehende Amtspflichten verletzt worden.
Schließlich scheitert der Erfolg der Klage auch daran, daß im Streitfall ein haftungsausschließendes Eigenverschulden des Kl. i.S. des gegeben ist. Er kannte das Risiko des Weihnachtsbaumschmückens. Er hatte die Feuerwehrleiter gesehen und angeblich gegen die 'freistehend aufgestellte Leiter' Bedenken erhoben. Wenn er gleichwohl dort hinauf klettert und in 8 bis 10 Metern herumhantiert, so tut er dies als erfahrener Polizeibeamter auf eigenes Risiko.
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